Picassos Malerleben als Bildergeschichte
In einer mehrbändigen Biografie bringen Julie Birmant und Clement Oubrerie Picassos Leben aufs Papier. Außergewöhnlich ist dabei die Technik, wie Pablo Picassos Leben on Birmant und Oubrerie beschrieben wird: in einem Comic.
Das ist nicht mehr ihre Gegend. Befremdet spaziert die alte Dame durch die Straßen von Montmartre, vorbei an unzähligen Souvenirgeschäften und bedrängt von Touristenschwärmen. Ihre inneren Bilder sind ganz andere, schließlich hat sie Jahre hier gelebt. Hat in kleinen Cafés verkehrt, in schmutzigen Ateliers Modell gestanden und sich schließlich in einen jungen spanischen Künstler verliebt, der später in die Kunstgeschichte eingehen sollte.
Die alte Dame ist Fernande Olivier. Zwar ist die erste Geliebte Pablo Picassos schon lange tot, doch für ihren Comic über die frühen Pariser Jahre des berühmten Malers lassen Julie Birmant und Clément Oubrerie sie auferstehen. Wer eignete sich auch besser, über diese Zeit zu erzählen als sie, die den Maler 1904 kennengelernt und bis 1912 mit ihm in Montmartre gelebt hatte? So erinnert sich Fernande im ersten Band "Max Jacob" an Picassos Ankunft in der französischen Hauptstadt, seine ersten künstlerischen Gehversuche und den Beginn ihrer gemeinsamen Liebe. Nun liegt mit "Apollinaire" Band zwei der auf insgesamt vier Teile ausgelegten Bildergeschichte vor.
"Apollinaire" beginnt 1905 und zeigt zunächst einen Picasso, der nach ersten Erfolgen auf der Stelle tritt. Wichtige Galeristen kann er mit seiner Kunst nicht überzeugen, Geldnot bedroht die Beziehung zu Fernande. Allein die Feste und Diskussionen im legendären Atelierhaus Bateau Lavoir lassen den Alltag vergessen. Wie auch die Freundschaften zu den Dichtern Max Jacob und Apollinaire, die – zunächst als Einzige – die Größe Picassos ahnen. Die Wende im Leben Fernandes und Picassos erfolgt schließlich 1906 durch die den Band beschließende Begegnung mit Leo und Gertrude Stein. Letztere ist Fernande zwar ein Graus, doch bringen die amerikanischen Sammler endlich das ersehnte Geld ins Haus.
Clément Oubrerie illustriert "Fernandes Erinnerungen" in herrlichen Bildern. Sein Stil besteht aus einer Kombination verschiedener zeichnerischer Techniken mit flächigen, zart kolorierten Elementen. Fast Ton in Ton erscheinen seine Seiten, wechselnd zwischen rosa-, erdfarbenen und blauen Hintergründen. Sichtbar Freude hat der Grafiker an akzentuierter Mimik und Gestik, vor allem die von Picasso, Jacob oder Gertrude Stein gelingen ihm eindrücklich. Und auch große Szenarien wie etwa die Zusammenkünfte im Steinschen Salon sind schön anzuschauen in ihrem gut recherchierten Detailreichtum.
Die Dramaturgie der Geschichte indes vermag nicht ganz zu überzeugen. Zwar bildet die von Julie Birmant komponierte Erzählung über weite Strecken tatsächliche Geschehnisse ab, doch verzichtet die Autorin auf deren Gewichtung. Ihrer Fernande ist alles gleich bedeutsam, sie plaudert gleichermaßen über Nebensächlichkeiten wie über wirkliche Lebenseinschnitte. Selten nur geht sie in die Tiefe und Picassos (oder gar Jacobs und Apollinaires) Charakter, sein Ringen um die Kunst und damit seine Größe vermitteln sich kaum. Was Fernandes – durchaus unterhaltsamer – Soap also fehlt, ist eine gute Prise Kunstgeschichte.
Besprochen von Eva Hepper
Die alte Dame ist Fernande Olivier. Zwar ist die erste Geliebte Pablo Picassos schon lange tot, doch für ihren Comic über die frühen Pariser Jahre des berühmten Malers lassen Julie Birmant und Clément Oubrerie sie auferstehen. Wer eignete sich auch besser, über diese Zeit zu erzählen als sie, die den Maler 1904 kennengelernt und bis 1912 mit ihm in Montmartre gelebt hatte? So erinnert sich Fernande im ersten Band "Max Jacob" an Picassos Ankunft in der französischen Hauptstadt, seine ersten künstlerischen Gehversuche und den Beginn ihrer gemeinsamen Liebe. Nun liegt mit "Apollinaire" Band zwei der auf insgesamt vier Teile ausgelegten Bildergeschichte vor.
"Apollinaire" beginnt 1905 und zeigt zunächst einen Picasso, der nach ersten Erfolgen auf der Stelle tritt. Wichtige Galeristen kann er mit seiner Kunst nicht überzeugen, Geldnot bedroht die Beziehung zu Fernande. Allein die Feste und Diskussionen im legendären Atelierhaus Bateau Lavoir lassen den Alltag vergessen. Wie auch die Freundschaften zu den Dichtern Max Jacob und Apollinaire, die – zunächst als Einzige – die Größe Picassos ahnen. Die Wende im Leben Fernandes und Picassos erfolgt schließlich 1906 durch die den Band beschließende Begegnung mit Leo und Gertrude Stein. Letztere ist Fernande zwar ein Graus, doch bringen die amerikanischen Sammler endlich das ersehnte Geld ins Haus.
Clément Oubrerie illustriert "Fernandes Erinnerungen" in herrlichen Bildern. Sein Stil besteht aus einer Kombination verschiedener zeichnerischer Techniken mit flächigen, zart kolorierten Elementen. Fast Ton in Ton erscheinen seine Seiten, wechselnd zwischen rosa-, erdfarbenen und blauen Hintergründen. Sichtbar Freude hat der Grafiker an akzentuierter Mimik und Gestik, vor allem die von Picasso, Jacob oder Gertrude Stein gelingen ihm eindrücklich. Und auch große Szenarien wie etwa die Zusammenkünfte im Steinschen Salon sind schön anzuschauen in ihrem gut recherchierten Detailreichtum.
Die Dramaturgie der Geschichte indes vermag nicht ganz zu überzeugen. Zwar bildet die von Julie Birmant komponierte Erzählung über weite Strecken tatsächliche Geschehnisse ab, doch verzichtet die Autorin auf deren Gewichtung. Ihrer Fernande ist alles gleich bedeutsam, sie plaudert gleichermaßen über Nebensächlichkeiten wie über wirkliche Lebenseinschnitte. Selten nur geht sie in die Tiefe und Picassos (oder gar Jacobs und Apollinaires) Charakter, sein Ringen um die Kunst und damit seine Größe vermitteln sich kaum. Was Fernandes – durchaus unterhaltsamer – Soap also fehlt, ist eine gute Prise Kunstgeschichte.
Besprochen von Eva Hepper
Julie Birmant/Clément Oubrerie: Pablo - Max Jacob, Band 1, Pablo - Apollinaire, Band 2
Aus dem Französischen von Claudia Sandberg
Reprodukt Verlag, Berlin 2013
88 Seiten, jeder Band 20,00 Euro
Aus dem Französischen von Claudia Sandberg
Reprodukt Verlag, Berlin 2013
88 Seiten, jeder Band 20,00 Euro