Pierre Cardin: Future Fashion
20. Juli 2019 - 5. Januar 2020
Brooklyn Museum, New York
Erfinder der futuristischen Mode
05:24 Minuten
Mode und Mondlandung - passt das zusammen? Sehr gut sogar, wie das New Yorker Brooklyn Museum vormacht. Die Ausstellung "Pierre Cardin: Future Fashion" blickt auf die 70-jährige Karriere des Pariser Modeschöpfers zurück.
Nach Brooklyn schaffte es der 97-Jährige nicht. Dafür liess er den New Yorkern aus Paris ausrichten, dass er schon als Kind vom Weltall und vom Mond träumte. Und dass er sich sehr freue, Teil der 50-Jahre-Feierlichkeiten zur Mondlandung zu sein. 170 Objekte, viele davon aus den Beständen Cardins und zum ersten Mal ausserhalb von Frankreich zu sehen, erhellen die Faszination, die das beginnende Weltraumzeitalter auf den Modeschöpfer ausübte.
Lorna Hemings, die für Fachzeitschriften über Modegeschichte schreibt, fasst Cardins futuristische Entwürfe so zusammen:
"Seine Ästhetik ist auf das Wesentliche beschränkt und gleichzeitig erlebt der Minimalismus ein Revival. Inspirieren ließ sich Cardin von den Raumfahrtprogrammen der USA und der Sowjetunion. Er passte seine Kreationen nicht dem menschlichen Körper an, sondern eher umgekehrt. Viele erinnern an Panzerungen, als wären sie Skulpturentwürfe für das Weltraumzeitalter."
"Seine Ästhetik ist auf das Wesentliche beschränkt und gleichzeitig erlebt der Minimalismus ein Revival. Inspirieren ließ sich Cardin von den Raumfahrtprogrammen der USA und der Sowjetunion. Er passte seine Kreationen nicht dem menschlichen Körper an, sondern eher umgekehrt. Viele erinnern an Panzerungen, als wären sie Skulpturentwürfe für das Weltraumzeitalter."
Star Trek spiegelt Cardins Mode wieder
Auf den Eingang zur Retrospektive weist eine Installation: ein überlebensgroßes Foto von 1970 mit der Schauspielerin Raquel Welch. Sie trägt einen blauen Plastik-Minirock, eine blaue Plastik-Schärpe und ein Plexiglasvisier. Vor dem Foto gruppieren sich Modepuppen in futuristischen Minikleidern. Chronologisch angeordnet beginnt die Ausstellung mit einem Cardin-Klassiker: dem roten Mohair-Mantel von First Lady Jackie Kennedy von 1957. Es folgen Couture-Kollektionen.
1959 hatte Cardin als erster Konfektionskleidung – pret-a-porter – für den Weltmarkt geschaffen, hochwertige Kleidung zu einigermaßen erschwinglichen Preisen für ein Massenpublikum. Cardin war auch der erste, der seine seinen Namen für das Lizenzgeschäft nutzte.
Im Zentrum der Ausstellung steht Cardins Weltraum-Mode: Helme, Gesichtsvisiere, Gürtel, Röcke, Tuniken, Westen und Bodysuits aus Vinyl und Plexiglas, dazu Stiefel mit flachen Absätzen – metallisch, leuchtend, für damalige Verhältnisse avant-guardistisch und futuristisch. Cardin nannte die Kollektion "Cosmocorps". Die Fernsehserie Star Trek, auf Deutsch Raumschiff Enterprise, spiegelte Cardins Futurismus wieder, etwa in den Raumanzügen von Captain Kirk und Lieutenant Uhuru. Cardin experimentierte darüber hinaus mit geschlechtsneutraler Mode.
Wenn er ein Kleid entwerfe, wird Cardin im Ausstellungskatalog zitiert, dann schwebe ihm nicht ein Frauenkörper vor. Für ihn sei es vielmehr wichtig gewesen, die Kreationen unabhängig vom Geschlecht zu entwerfen. Der Körper müsse sich seiner Mode anpassen. Der Einfluss Cardins auf gegenwärtige Modeschöpfer ist nicht wegzudenken, sagt der Kurator der Ausstellung Matthew Yokobosky:
"Man kann seinen Einfluss erkennen in den Arbeiten von Designern, die bei ihm angestellt waren oder die ihm nahe standen. Zum Beispiel Jean-Paul Gaultier, der mit ihm in den 1970ern zusammenarbeitete. Da gibt es einen deutlichen Zusammenhang. Und dann natürlich Gaultiers Assistent Martin Margiela. Er schliesst an Cardins Entwürfe von Unisex-Kleidung an. Cardin arbeitet zwar noch heute, und man kann Cardin nach wie vor kaufen. Aber sein Einfluss ist zu seinen Lebzeiten in den Arbeiten viel jüngerer Designer deutlich erkennbar. Wenn ich mich in den Designerstudiuos umsehe, dann kommt einem schon oft der Gedanke: Oh Gott, das ist ja Pierre Cardin."
"Man kann seinen Einfluss erkennen in den Arbeiten von Designern, die bei ihm angestellt waren oder die ihm nahe standen. Zum Beispiel Jean-Paul Gaultier, der mit ihm in den 1970ern zusammenarbeitete. Da gibt es einen deutlichen Zusammenhang. Und dann natürlich Gaultiers Assistent Martin Margiela. Er schliesst an Cardins Entwürfe von Unisex-Kleidung an. Cardin arbeitet zwar noch heute, und man kann Cardin nach wie vor kaufen. Aber sein Einfluss ist zu seinen Lebzeiten in den Arbeiten viel jüngerer Designer deutlich erkennbar. Wenn ich mich in den Designerstudiuos umsehe, dann kommt einem schon oft der Gedanke: Oh Gott, das ist ja Pierre Cardin."
Zur Zukunft der Mode
Die Cardin-Retrospektive im Brooklyn-Museum endet in einem dem dunklen Weltall nachempfundenen Raum mit entspannter Partymusik. Über der Szenerie flackert LED-Licht. Mit LED-Beleuchtung ausgestattet sind auch schwarze Ballkleider.
Auf die Frage, wie er sich Mode in 50 Jahren vorstelle, antwortete Cardin laut Ausstellungskatalog, Frauen würden Glockenhüte aus Plexiglas und Röhrenkleidung tragen, und die Männer bogenförmige Hosen und Tunikas aus kinetischer Energie. Und Spaziergänger auf dem Mond oder Mars seine Cosmocorps-Entwürfe, fügte der 97-Jährige humorvoll hinzu.