Pixel-Crash mit dem Sattelschlepper
Es gibt Dinge, bei denen ist es gut, dass sie nur im Rechner passieren. Die Auswirkungen von extremen Klimaänderungen etwa oder Nuklearexplosionen werden heute von Computern simuliert. Und die Autoindustrie spart sich sehr viel Geld dadurch, dass sie für Crash-Tests keine teuren Limousinen gegen harte Wände fährt, sondern die Folgen eines Aufpralls lediglich berechnen lässt. Die TU München nun hat gleich alles, was den Straßenverkehr ausmacht, in ihren Fahrsimulator gepackt, die Verkehrsteilnehmer, die Fahrbahn und den Großteil eines LKW.
Diplom-Ingenieurin Maria Seitz sitzt in der Fahrerkabine des LKW hinterm Lenkrad. Die Fahrerkabine existiert wirklich. Alles andere ist eine vom Computer errechnete Illusion, die Landschaft, die anderen Verkehrsteilnehmer, ja sogar die Unebenheiten der Straße, die von der harten Federung auf die Sitze übertragen werden – alles vom Rechner gemacht: der LKW-Simulator des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik der TU München. Von außen mag es albern wirken, wenn jemand mit angespanntem Gesicht in einem auf Stelzen stehenden Fahrerhaus so tut, als würde er einen Sattelschlepper lenken. Aber drinnen sieht die Welt ganz anders aus:
"Ja. Man erlebt schon merkwürdige Situationen. Manche Probanten, die stecken so tief drin in der Simulation, dass sie sich zum Beispiel bei anderen Verkehrsteilnehmern per Handzeichen bedanken, wenn sie sie durchlassen oder dass sie andere vorbeiwinken."
Man hat halt einfach sehr schnell vergessen, dass alles vor der Windschutzscheibe nur aus Pixeln besteht, die Straße, die Autos, das Wetter. Es ist wie in einem Computerspiel. Aber allein schon durch die Größe und dadurch, dass man sich mittendrin befindet, wirkt alles sehr real.
"Daniel! – Ja. – Kannst du bitte mal Regen machen? – Ja."
Daniel, der Student Daniel Feldmeier, bedient die Rechner, die die Illusion erzeugen, das Bewegungssystem, das einen die Straße fühlen lässt und das Sichtsystem:
"Dort wird alles erzeugt, was der Fahrer sieht. Der Fahrer sieht vorne raus über eine große Leinwand, die um das ganze Fahrerhaus herumgeht. Eine Simulationsumgebung. Und die geht dann weiter und wird durch die Rückspiegel ergänzt, so dass alles, was der Fahrer sieht, Simulation ist."
Also auch der Sattelaufleger, der im Rückspiegel oft bedrohlich hin- und herwankt – er ist nur eine Illusion. Und genau darin besteht die Aufgabe des Simulators. Er gaukelt den Probanten in der Kabine Gefahren vor, die in Wirklichkeit gar nicht drohen. So lässt sich ihr Verhalten ohne Risiko beobachten. Ob neue Fahrerassistenz-Systeme den Probanten wirklich helfen, untersuchen die Wissenschaftler beispielsweise, oder ob solche Geräte nur ablenken.
"Und man kann natürlich, um den Fahrer zu einer Reaktion zu zwingen, auch eine gefährliche Situation darstellen. Was passiert eigentlich, wenn einem ein Fußgänger in das Fahrzeug läuft? Viele Leute reagieren richtig darauf. Aber was passiert dann? Und wie wirkt sich das in Folge auf das Verhalten des Fahrers aus? Das kann man hier sehr gut untersuchen und vor allem gefahrlos untersuchen."
Gefahrlos bedeutet allerdings nur, dass keine wirkliche Bedrohung existiert. Die gefühlten Gefahren hingegen sind während der Fahrt oft überwältigend. Wenn es brenzlig wird, werden die Hände schwitzig, die Augen weiten sich und der Blutdruck steigt. Verkehrsunfälle in der Virtualität mögen zwar real harmlos sein, allerdings verlieren sie dadurch nichts von ihrem Schrecken. Maria Seitz versucht zu beruhigen. Aber gegen Angst helfen nun mal keine Argumente.
"Da passiert gar nichts. Also man kann durch die anderen Fahrzeuge durchfahren. Wir können das natürlich sehen in den Daten. Und das wird dann als Unfall auch ausgewertet. Aber letztendlich passiert gar nichts. Das ist ja gerade ein Riesenvorteil einer Simulation. Wenn man beispielsweise einen Notbremsassistenten testen würde in der Realität, dann wäre das doch sehr gefährlich. Und hier kann uns halt nichts passieren."
Sagt’s und zieht den Sattelschlepper auf die Gegenfahrbahn, wo ein Polizeiauto mit hoher Geschwindigkeit entgegenkommt.
"Wir können es mal ausprobieren. - Uah! – Also, wenn es Ihnen nicht mehr gut ist, einfach bescheid sagen."
In der Virtualität ist halt alles anders, auch die Geografie. Das Stadion des FC Bayern im Norden Münchens und die Königsschlösser vom Fuß der Alpen liegen hier gleich nebeneinander.
"Du möchtest zur Arena? - Ja, oder Neuschwanstein. – Ja, gut. – Haben Sie Neuschwanstein hier? – Ja. – Geografisch frei! – Richtig. Das ist das Schöne an der Simulation. Wir können Neuschwanstein herholen. Wir können die Oper von Sidney herholen."
Die Fahrzeugtechniker sind die Herren der Virtualität. Sie lassen sich genau die Situationen berechnen, die sie benötigen, und haben alles unter Kontrolle. Ideale Voraussetzungen für wissenschaftliche Versuche:
"Wenn man in einem Realfahrzeug draußen auf der Straße ist, dann ändert sich der Verkehr ständig. Man wird nie gleiche Verkehrsbedingungen vorfinden. Und hier: Wenn hier 50 Probanten antreten, haben 50 Probanten die gleichen Bedingungen, das gleiche Wetter, die gleichen Situationen, auch gegebenenfalls die gleichen Gefahrensituationen. Und das ist auch ein großer Vorteil des Simulators."
Und Maria Seitz hat sämtliche vom Simulator geschaffenen Situationen voll im Griff. Trotzdem, nach der Sache mit dem Polizeiauto stellt sie sich schon, die Frage nach dem Führerschein.
"Ja, ich bin gerade dabei, den LKW-Führerschein zu machen. Die Simulatorversuche sind natürlich ein wichtiger Bestandteil unserer Forschungsarbeiten. Aber den letzten Schritt müssen wir trotzdem noch auf der Straße tun. Und für diese Realversuche benötige ich den LKW-Führerschein."
"Ja. Man erlebt schon merkwürdige Situationen. Manche Probanten, die stecken so tief drin in der Simulation, dass sie sich zum Beispiel bei anderen Verkehrsteilnehmern per Handzeichen bedanken, wenn sie sie durchlassen oder dass sie andere vorbeiwinken."
Man hat halt einfach sehr schnell vergessen, dass alles vor der Windschutzscheibe nur aus Pixeln besteht, die Straße, die Autos, das Wetter. Es ist wie in einem Computerspiel. Aber allein schon durch die Größe und dadurch, dass man sich mittendrin befindet, wirkt alles sehr real.
"Daniel! – Ja. – Kannst du bitte mal Regen machen? – Ja."
Daniel, der Student Daniel Feldmeier, bedient die Rechner, die die Illusion erzeugen, das Bewegungssystem, das einen die Straße fühlen lässt und das Sichtsystem:
"Dort wird alles erzeugt, was der Fahrer sieht. Der Fahrer sieht vorne raus über eine große Leinwand, die um das ganze Fahrerhaus herumgeht. Eine Simulationsumgebung. Und die geht dann weiter und wird durch die Rückspiegel ergänzt, so dass alles, was der Fahrer sieht, Simulation ist."
Also auch der Sattelaufleger, der im Rückspiegel oft bedrohlich hin- und herwankt – er ist nur eine Illusion. Und genau darin besteht die Aufgabe des Simulators. Er gaukelt den Probanten in der Kabine Gefahren vor, die in Wirklichkeit gar nicht drohen. So lässt sich ihr Verhalten ohne Risiko beobachten. Ob neue Fahrerassistenz-Systeme den Probanten wirklich helfen, untersuchen die Wissenschaftler beispielsweise, oder ob solche Geräte nur ablenken.
"Und man kann natürlich, um den Fahrer zu einer Reaktion zu zwingen, auch eine gefährliche Situation darstellen. Was passiert eigentlich, wenn einem ein Fußgänger in das Fahrzeug läuft? Viele Leute reagieren richtig darauf. Aber was passiert dann? Und wie wirkt sich das in Folge auf das Verhalten des Fahrers aus? Das kann man hier sehr gut untersuchen und vor allem gefahrlos untersuchen."
Gefahrlos bedeutet allerdings nur, dass keine wirkliche Bedrohung existiert. Die gefühlten Gefahren hingegen sind während der Fahrt oft überwältigend. Wenn es brenzlig wird, werden die Hände schwitzig, die Augen weiten sich und der Blutdruck steigt. Verkehrsunfälle in der Virtualität mögen zwar real harmlos sein, allerdings verlieren sie dadurch nichts von ihrem Schrecken. Maria Seitz versucht zu beruhigen. Aber gegen Angst helfen nun mal keine Argumente.
"Da passiert gar nichts. Also man kann durch die anderen Fahrzeuge durchfahren. Wir können das natürlich sehen in den Daten. Und das wird dann als Unfall auch ausgewertet. Aber letztendlich passiert gar nichts. Das ist ja gerade ein Riesenvorteil einer Simulation. Wenn man beispielsweise einen Notbremsassistenten testen würde in der Realität, dann wäre das doch sehr gefährlich. Und hier kann uns halt nichts passieren."
Sagt’s und zieht den Sattelschlepper auf die Gegenfahrbahn, wo ein Polizeiauto mit hoher Geschwindigkeit entgegenkommt.
"Wir können es mal ausprobieren. - Uah! – Also, wenn es Ihnen nicht mehr gut ist, einfach bescheid sagen."
In der Virtualität ist halt alles anders, auch die Geografie. Das Stadion des FC Bayern im Norden Münchens und die Königsschlösser vom Fuß der Alpen liegen hier gleich nebeneinander.
"Du möchtest zur Arena? - Ja, oder Neuschwanstein. – Ja, gut. – Haben Sie Neuschwanstein hier? – Ja. – Geografisch frei! – Richtig. Das ist das Schöne an der Simulation. Wir können Neuschwanstein herholen. Wir können die Oper von Sidney herholen."
Die Fahrzeugtechniker sind die Herren der Virtualität. Sie lassen sich genau die Situationen berechnen, die sie benötigen, und haben alles unter Kontrolle. Ideale Voraussetzungen für wissenschaftliche Versuche:
"Wenn man in einem Realfahrzeug draußen auf der Straße ist, dann ändert sich der Verkehr ständig. Man wird nie gleiche Verkehrsbedingungen vorfinden. Und hier: Wenn hier 50 Probanten antreten, haben 50 Probanten die gleichen Bedingungen, das gleiche Wetter, die gleichen Situationen, auch gegebenenfalls die gleichen Gefahrensituationen. Und das ist auch ein großer Vorteil des Simulators."
Und Maria Seitz hat sämtliche vom Simulator geschaffenen Situationen voll im Griff. Trotzdem, nach der Sache mit dem Polizeiauto stellt sie sich schon, die Frage nach dem Führerschein.
"Ja, ich bin gerade dabei, den LKW-Führerschein zu machen. Die Simulatorversuche sind natürlich ein wichtiger Bestandteil unserer Forschungsarbeiten. Aber den letzten Schritt müssen wir trotzdem noch auf der Straße tun. Und für diese Realversuche benötige ich den LKW-Führerschein."