Plagiatsvorwürfe gegen Soziologin Cornelia Koppetsch

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Die Soziologin Cornelia Koppetsch
2019 waren Plagiatsvorwürfe gegen die Soziologin Cornelia Koppetsch laut geworden. Nun urteilte eine Kommission, sie habe an zahlreichen Stellen wissenschaftlich unsauber gearbeitet. © imago images/ Michael Debets
Gerhard Dannemann im Gespräch mit Eckhard Roelcke |
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Eine Untersuchung der TU Darmstadt kommt zu einem klaren Urteil in der Plagiatsaffäre um die Professorin Cornelia Koppetsch. Die Soziologin habe eindeutig gegen wissenschaftliche Standards verstoßen, erklärt Plagiatsexperte Gerhard Dannemann.
Eigentlich sollte das Buch "Gesellschaft des Zorns" der Soziologin Cornelia Koppetsch 2019 in die Endausscheidung für den Bayerischen Buchpreis. Doch dann wurden Plagiatsvorwürfe gegen die Darmstädter Professorin laut. Eine von der TU Darmstadt eingesetzte Kommission kommt jetzt zu dem Urteil, dass die Soziologin in diesem und auch in ihrem Buch "Die Wiederkehr der Konformität" wissenschaftlich unsauber gearbeitet hat. Viele Textstellen seien als Plagiate und markante Textübernahmen zu bewerten. Koppetsch habe bei Stellenübernahmen Literaturhinweise weggelassen oder plagiierte Referate nicht gekennzeichnet und so die zu nennende Quelle unsichtbar gemacht.
Cornelia Koppetsch habe eindeutig plagiiert, das zeige das Ergebnis der Darmstädter Kommission, sagt der Berliner Rechtsprofessor Gerhard Dannemann. Er ist Experte für die Überprüfung wissenschaftlicher Arbeiten auf Plagiate und auch für VroniPlag Wiki tätig. Auch an der Aufdeckung der Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg war Dannemann beteiligt.

Vielfältiges wissenschaftliches Fehlverhalten

Die Universität habe weit mehr als die beiden kritisierten Bücher untersucht. In allen Arbeiten von Cornelia Koppetsch habe die Kommission wissenschaftliches Fehlverhalten festgestellt - nicht nur durch Plagiate, sondern auch durch Probleme mit statistischen und empirischen Materialien.
Koppetsch habe Aussagen verwendet und diese aus historischen Kontexten in andere Zusammenhänge übertragen, sodass diese dann nicht mehr so haltbar waren. Koppetschs Plagiate würden im Bericht genau kategorisiert, so Dannemann:
"Da gibt es Plagiate, da wird die Quelle gar nicht genannt und trotzdem wird der Text oder der Text dem Sinn nach wiedergegeben. Dann gibt es welche, da wird die Quelle irgendwo genannt, auch im Kontext. Aber es werden beispielsweise lange wörtliche Zitate nicht ausgewiesen. Oder die Autorin stellt nicht klar, dass nicht nur ein Absatz oder ein Satz aus dieser Quelle stammt, sondern viel, viel mehr - vielleicht die ganze Seite." Letztere sei die häufigste Plagiatskategorie, die die Kommission bei Koppetsch moniert habe.

Eine Collage aus vielen Zitaten

Aus seiner Erfahrung kenne er verschiedene Motivationen zum Plagiieren, so Dannemann. Doch die der intellektuellen oder sprachlichen Überforderung könne er bei Koppetsch ausschließen. Das Hauptmotiv sei, dass Plagiieren sehr viel Arbeit erspare:
"Frau Koppetsch benutzt gerne andere Texte als Schreibvorlage. Sie arbeitet zu einem Thema, sie liest sich ein. Aber anstatt ihre Gedanken eigenständig zu formulieren, nimmt sie einen fremden Text zum Ausgangspunkt und schreibt darum herum." Dann ändere sie Worte, übernehme gelegentlich Fußnoten und Zitate und "geht dann weiter, collagiert aus dem nächsten Text. Nicht durchgehend, aber das halt immer wieder. Und damit spart man locker die Hälfte der Zeit, die man sonst brauchen würde, um so etwas zu schreiben."

Plagiate nehmen nicht ab

Erstaunt ist Dannemann, dass er, trotz diverser Plagiatsaffären, wie etwa die von Karl-Theodor zu Guttenberg vor neun Jahren, keine merkliche Abnahme von Plagiaten feststellen kann: "Das hatte ich gehofft, als ich 2011 angefangen habe, auch im Projekt GuttenPlag. Aber bisher scheint das noch nicht angekommen zu sein bei den Autoren, dass das wirklich keine gute Idee ist." Beim Plagiieren sei viel Selbstüberschätzung dabei und die Annahme, nicht entdeckt zu werden.
(mle)

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