Wie Mallorca den Kampf gegen den Müll gewinnen will
Ab 2019 soll es auf den Balearen keine Einwegartikel mehr geben, weder im Einzelhandel noch in Hotels und Restaurants. Davon erhofft sich die Regierung eine Lösung des Plastikmüll-Problems. Denn das ist gewaltig, wie jeder Strandbesucher sehen kann.
Zigarettenkippen, Stäbchen von Lollis und jede Menge Plastikdeckel - das alles findet Francisco am Strand. Es ist Müll, den Besucher hier entsorgt haben, sagt er.
Der Ende 60-Jährige geht in die Hocke und durchkämmt den Sand mit bloßen Händen. Mit schätzungsweise 200 weiteren Freiwilligen beteiligt er sich an einer Strandreinigung in der Bucht von Santa Ponsa auf Mallorca.
Auch Tereza und Cristina sammeln hier Müll. Sie sind gut vorbereitet, sagen sie und streifen sich Latexhandschuhe über.
Bis zu 1000 Plastikpartikel pro halbem Liter Meerwasser
Tampons und Ohrstäbchen – Cristina teilt ihre Verwunderung über ihre Fundstücke mit. Gut möglich, dass die Hygieneartikel über die Kanalisation ins Meer gelangten und mit der Brandung zurück an Land.
"Wir sagen immer das gleiche: Wir sehen den Müll an den Stränden und vor der Küste. Aber im Meer treibt noch viel mehr Abfall", sagt Margalida Ramis vom GOB, dem Umweltverband der Balearischen Inseln. Sie weiß, dass vor der Küste Mallorcas große Mengen Mikroplastik im Meer schwimmen. Dieser Müll war einmal eine Plastikflasche oder ein Strohlhalm. Auf einen halben Liter Meereswasser kommen bis zu 1000 kleine Plastikpartikel, wie ein Wissenschaftler herausgefunden haben. Umweltschützerin Ramis erzählt, dass sie beim Bad im Meer die großen Plastikfetzen stören:
"Das Bewusstsein für die Problematik muss wachsen. Aber auch Gesetze sind wichtig, um das Müllproblem in den Griff zu bekommen."
Dieser Meinung ist auch die Balearenregierung. Sie plant ein spektakuläres Verbot. Es soll das Aus bedeuten für Wegwerfartikel wie Papierteller oder Strohhalme aus Plastik. Und zwar im Einzelhandel, in der Gastronomie und den vielen Inselhotels. Auch Wasserflaschen sollen aus den Geschäften verschwinden. Stattdessen soll das Personal in Bars und Restaurants dazu verpflichtet sein, Passanten jederzeit kostenlos Wasser auszuschenken.
Überall liegt Abfall herum, aber der Mülleimer ist leer
Was halten Urlauber von dem Gesetzesentwurf?
"Ich halte alles für gut, was Plastikmüll reduziert. Weil es ein Riesenproblem ist. Über die Alternative habe ich noch keine Meinung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktioniert, dass jeder Urlauber ein Glas Wasser ausgeschenkt bekommt."
"Na, man müsste seine eigene Flasche, also Hartkunststoff, immer dabei haben. Einfach umdenken und ein bisschen sich anders organisieren, dann würde das sicher gehen."
Die beiden Urlauberinnen sitzen auf einem Mäuerchen in der Bucht von Sa Coma. Ein Mülleimer aus Holz befindet sich in nächster Nähe. Er ist kaum gefüllt. Überall am Strand liegt Abfall herum: Pappbecher, Keksverpackungen, Plastiktüten und zu den Füßen der beiden Frauen eine kleine Plastikflasche.
"Die hätte man ja auch direkt in den Müll schmeißen können, die Plastikflasche, die da liegt. Wenn die Leute den Müll nicht in die Papierkörbe schmeißen, dann ist fast egal, ob man Plastikflaschen abschafft. Dann landet anderer Müll im Sand."
Freiwillige räumen den Müll vom Strand
Auf den Balearischen Inseln stößt der Gesetzesentwurf auf eine große Akzeptanz.
"Ich denke, das liegt auch daran, dass wir eine Insel sind und nur begrenzt Platz haben, um Müll, insbesondere Plastikmüll zu entsorgen", sagt Margalida Ramis. "Einige Parlamentarier werden dagegen stimmen, aber ich bin optimistisch, dass das Gesetz durchkommt. Es gibt genug Umweltargumente, die dafür sprechen, in solch einer Frage einzugreifen."
Gesprächsstoff liefern die Ideen zum Plastikverbot auf den Balearen schon jetzt. Der Gesetzesentwurf ist wohl innerhalb der Europäischen Union der radikalste Vorstoß einer Regierung, um die Flut von Plastikmüll zu begrenzen.
Auf einem langen Tisch am Strand von Santa Ponsa liegt der Müll, den die Freiwilligen gefunden haben. Ein riesiger Berg. Und das, obwohl der Strand erst zwei Tage zuvor von einem städtischen Mitarbeiter mit einer Reinigungsmaschine gesäubert wurde. Brad Robertson von der Meeresschutzorganisation Ondine hat die heutige Reinigungsaktion organisiert. Was hält er von dem geplanten Plastikverbot?
"Die Absichten sind sehr gut. Aber es ist ein kompliziertes Thema. Leider lässt das geplante Gesetz bisher noch die Möglichkeit offen, Wegwerfartikel aus Plastik durch Bioplastik zu ersetzen. Also biobasiertes oder kompostierbares Plastik. Aber die Regulierungen für dieses Plastik sind nicht streng genug. Wir bezweifeln, dass sich diese Materialien tatsächlich im Meer rückstandsfrei zersetzen."
Der Australier und seine Mitarbeiter sortieren den gesammelten Müll. Plastik kommt zum Recycling. Der Rest in die Verbrennungsanlage der Insel. Der Müll ist nun zwar weg vom Strand, doch besser wäre: Er fällt erst gar nicht an. Dazu könnte das geplante Verbot von Wegwerfartikeln auf den Balearischen Inseln beitragen.