Plattdeutsch 2.0
Ein paar junge Hamburger Musiker wollen dem Image des Plattdeutschen auf die Sprünge helfen. Sie haben die "Tüdelband" ins Leben gerufen, eine Popgruppe, die sich selbst augenzwinkernd irgendwo auf der weiten Skala zwischen Heidi Kabel und Jamiroquai einordnet.
Ein warmer Frühlingstag im Hamburger Schanzenviertel. Wer hierher kommt, sucht sicher keine Volkstümlichkeit. Alle Plätze in den Straßencafés rund um den Szenetreff Rote Flora sind besetzt.
Soundcheck: Drinnen im Kulturzentrum gleich neben den bunten Graffitimauern bereiten sich ein paar junge Musiker darauf vor, den Horizont in Sachen "plattdeutsches Liedgut" zu erweitern. Miriam Buthmann, eine kleine, schlanke Frau mit langen Rasterlocken unter einer Wollkappe, gibt dem Tonmann ein paar Stimmproben. Bis zum Auftritt ist noch Zeit für eine Einweisung in Pop oop Platt, made by Tüdelband.
"Mien Uwe hett so wunnerschöne Klüsen..."
Mein Uwe hat so wunderschöne Augen...
"...und af un to heff ik al dacht, dat he de blots för mi opmaakt..."
Und ab und zu hab ich gedacht, dass er die nur für mich öffnet...
"...ja, und wenn Uwe anfangt to vertellen, wenn Uwe also anfängt, irgendetwas zu erzählen, dann kann ik nix anners maken, denn sloddern miene Knoken. Dann kann ich nichts dagegen tun, aber meine Knochen beginnen langsam zu schlottern, und im Refrain löst sich das auf mit: So'n Schietdreck, Uwe steiht op Jungs, so ein Mist, mein Uwe steht auf Jungs."
Miriam Buthmann, Chefin der Band und deren Erfinderin, schreibt Texte über Liebe und Freiheit, singt vom Verlassenwerden und von der Einsamkeit am Deich. Plattdeutsch ist für die 24-Jährige eine Herzensangelegenheit.
"Mir wurde als Kind immer zum Einschlafen vorgesungen von meinen Eltern, und eins meiner Lieblingslieder war 'Dat du meen Leevsten bis', und das vergisst man natürlich nicht. Das ist auch immer noch ein ganz wichtiges Lied für mich."
Zu Hause bei Buthmanns wurde nie platt gesprochen, die Sprache galt in den meisten Familien der Elterngeneration eher als verpönt. Bei Miriams Großeltern dagegen war Platt noch Alltagssprache – ihr Klang ist deshalb bis heute untrennbar mit der Kindheit verbunden und zutiefst positiv besetzt. Als sie die Band vor zwei Jahren aus der Taufe hob, fand sich für das Projekt schnell ein Name, der aus einem bis heute berühmten Hamburger Lied stammt und von einem Jungen erzählt, der mit einem Tüdelband spielt, einem Eisenring, mit dem Holzfässer zusammengehalten werden.
"Die Tüdelband, der Name kommt von 'An de Eck steiht'n Jung mit'm Tüdelband', von dem alten Lied von den Gebrüdern Wolf, was ein altes Hamburger Lied ist, und das hat auch eine ganz spannende Geschichte dieses Lied, denn eigentlich sollte das Lied verboten werden, aber es war in Hamburg schon so bekannt zu Nazizeiten, dass das Lied nicht mehr verboten werden konnte, und dann haben die Gebrüder Wolf, zwei Juden, Auftrittsverbot bekommen."
Alle vier Bandmitglieder sind Absolventen der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Gitarrist Philipp Steidl stammt aus Thüringen und lebt ebenso wie Bassist Danny Gottlieb jetzt in Hamburg ausschließlich von der Musik. Schlagzeuger Malte Müller wusste schon mit 13, dass er einmal Berufsmusiker werden will. Zu Hause in Eckernförde hat er in Blasorchestern und bei Schützenvereinen musiziert, da gehörte Plattdeutsch zum Alltag. Mit der Tüdelband belebt er die alte Sprache wieder neu.
"Hab natürlich auch ein, zwei kleine Bücher zu Hause, aber an sich lerne ich eher durch Sprechen. Und durch Internetseiten. Es gibt eine relativ große Sammlung inzwischen an plattdeutschen Seiten, wo kleine Artikel auf Plattdeutsch auch sind, zum Beispiel die plattdeutsche Wikipedia. Das ist dann einfach ganz witzig, da dann Artikel zu Quantenphysik sich auf Plattdeutsch durchzulesen. Man denkt, Quantenphysik und Plattdeutsch, das sind zwei Gebiete, die total auseinander hängen, aber das geht. Das geht tatsächlich."
Aus den Straßencafés im Hamburger Schanzenviertel kommen immer mehr Neugierige in das Kulturzentrum, der kleine Veranstaltungsraum ist inzwischen fast voll. Die Tüdelband liebt es, live zu spielen, 40 Konzerte gaben die vier im vergangenen Jahr, auf Festen, in Clubs oder bei Festivals.
In Zeiten zunehmender Globalisierung trifft die Tüdelband einen neuen Zeitgeist: Die Welt ist reif für Platt 2.0.
"Je mehr halt nationale Grenzen aufgelöst werden bzw. überschritten werden können, desto mehr braucht man so eine regionale Verwurzelung, wo man herkommt. Und in dem Sinne ist halt das Plattdeutsche bei uns im Verbund mit diesem internationalen, popmusikalischen Kontext ganz interessant. Es bringt beide Aspekte zusammen."
Soundcheck: Drinnen im Kulturzentrum gleich neben den bunten Graffitimauern bereiten sich ein paar junge Musiker darauf vor, den Horizont in Sachen "plattdeutsches Liedgut" zu erweitern. Miriam Buthmann, eine kleine, schlanke Frau mit langen Rasterlocken unter einer Wollkappe, gibt dem Tonmann ein paar Stimmproben. Bis zum Auftritt ist noch Zeit für eine Einweisung in Pop oop Platt, made by Tüdelband.
"Mien Uwe hett so wunnerschöne Klüsen..."
Mein Uwe hat so wunderschöne Augen...
"...und af un to heff ik al dacht, dat he de blots för mi opmaakt..."
Und ab und zu hab ich gedacht, dass er die nur für mich öffnet...
"...ja, und wenn Uwe anfangt to vertellen, wenn Uwe also anfängt, irgendetwas zu erzählen, dann kann ik nix anners maken, denn sloddern miene Knoken. Dann kann ich nichts dagegen tun, aber meine Knochen beginnen langsam zu schlottern, und im Refrain löst sich das auf mit: So'n Schietdreck, Uwe steiht op Jungs, so ein Mist, mein Uwe steht auf Jungs."
Miriam Buthmann, Chefin der Band und deren Erfinderin, schreibt Texte über Liebe und Freiheit, singt vom Verlassenwerden und von der Einsamkeit am Deich. Plattdeutsch ist für die 24-Jährige eine Herzensangelegenheit.
"Mir wurde als Kind immer zum Einschlafen vorgesungen von meinen Eltern, und eins meiner Lieblingslieder war 'Dat du meen Leevsten bis', und das vergisst man natürlich nicht. Das ist auch immer noch ein ganz wichtiges Lied für mich."
Zu Hause bei Buthmanns wurde nie platt gesprochen, die Sprache galt in den meisten Familien der Elterngeneration eher als verpönt. Bei Miriams Großeltern dagegen war Platt noch Alltagssprache – ihr Klang ist deshalb bis heute untrennbar mit der Kindheit verbunden und zutiefst positiv besetzt. Als sie die Band vor zwei Jahren aus der Taufe hob, fand sich für das Projekt schnell ein Name, der aus einem bis heute berühmten Hamburger Lied stammt und von einem Jungen erzählt, der mit einem Tüdelband spielt, einem Eisenring, mit dem Holzfässer zusammengehalten werden.
"Die Tüdelband, der Name kommt von 'An de Eck steiht'n Jung mit'm Tüdelband', von dem alten Lied von den Gebrüdern Wolf, was ein altes Hamburger Lied ist, und das hat auch eine ganz spannende Geschichte dieses Lied, denn eigentlich sollte das Lied verboten werden, aber es war in Hamburg schon so bekannt zu Nazizeiten, dass das Lied nicht mehr verboten werden konnte, und dann haben die Gebrüder Wolf, zwei Juden, Auftrittsverbot bekommen."
Alle vier Bandmitglieder sind Absolventen der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Gitarrist Philipp Steidl stammt aus Thüringen und lebt ebenso wie Bassist Danny Gottlieb jetzt in Hamburg ausschließlich von der Musik. Schlagzeuger Malte Müller wusste schon mit 13, dass er einmal Berufsmusiker werden will. Zu Hause in Eckernförde hat er in Blasorchestern und bei Schützenvereinen musiziert, da gehörte Plattdeutsch zum Alltag. Mit der Tüdelband belebt er die alte Sprache wieder neu.
"Hab natürlich auch ein, zwei kleine Bücher zu Hause, aber an sich lerne ich eher durch Sprechen. Und durch Internetseiten. Es gibt eine relativ große Sammlung inzwischen an plattdeutschen Seiten, wo kleine Artikel auf Plattdeutsch auch sind, zum Beispiel die plattdeutsche Wikipedia. Das ist dann einfach ganz witzig, da dann Artikel zu Quantenphysik sich auf Plattdeutsch durchzulesen. Man denkt, Quantenphysik und Plattdeutsch, das sind zwei Gebiete, die total auseinander hängen, aber das geht. Das geht tatsächlich."
Aus den Straßencafés im Hamburger Schanzenviertel kommen immer mehr Neugierige in das Kulturzentrum, der kleine Veranstaltungsraum ist inzwischen fast voll. Die Tüdelband liebt es, live zu spielen, 40 Konzerte gaben die vier im vergangenen Jahr, auf Festen, in Clubs oder bei Festivals.
In Zeiten zunehmender Globalisierung trifft die Tüdelband einen neuen Zeitgeist: Die Welt ist reif für Platt 2.0.
"Je mehr halt nationale Grenzen aufgelöst werden bzw. überschritten werden können, desto mehr braucht man so eine regionale Verwurzelung, wo man herkommt. Und in dem Sinne ist halt das Plattdeutsche bei uns im Verbund mit diesem internationalen, popmusikalischen Kontext ganz interessant. Es bringt beide Aspekte zusammen."