Eine Lobby für alle, die keine Lobby haben
Auf Lobbyismus - aber nicht für Wirtschaftsinteressen, sondern für Bürgerinteressen - setzt der Rechtsanwalt Jan Christian Sahl. Mit seinem Verein "Welobby" schmiedet er Allianzen, um die Politik zu Veränderungen zu bewegen.
"Wir wollen mit Welobby die Lobby für alle ohne Lobby sein", sagt der Rechtsanwalt Jan Christian Sahl über seine Organisation, die im vergangenen Sommer ihre Arbeit aufgenommen hat. Sahl hat früher für den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gearbeitet und die Interessen von Unternehmen vertreten. Nun will er sich für die Anliegen von Bürgern einsetzen. "Es gibt Gruppen, die haben es noch nötiger, dass man sich für sie einsetzt, auch politisch, als vielleicht große Unternehmen", sagte er im Deutschlandfunk Kultur.
Allianzen machen Eindruck in der Politik
Ein erster Erfolg, den der Verein "Welobby" seiner Lobbyarbeit zuschreibt, war eine Änderung im Mietrecht, die Wohnprojekte für psychisch kranke Menschen besser schützen soll. Im Fall der Mietrechtsklausel habe "Welobby" den Kontakt zu Abgeordneten zunächst schriftlich gesucht, dann nachgehakt und persönliche Gespräche geführt. Besonders wichtig sei es dann gewesen, Allianzen mit anderen, bekannteren Organisationen zu schmieden. "In unserem Fall waren alle großen Sozialverbände Caritas, Diakonie, Paritätischer, AWO, alle mit dabei, haben ihr Logo hergegeben." Das habe auf die Politik sehr viel mehr Eindruck gemacht.
"Wir wollen zeigen, dass Lobbyismus nichts Schlechtes ist, nichts Schlechtes sein muss", sagte Sahl. "Lobbyismus, so wie ich ihn verstehe, bedeutet, dass sie Argumente austauschen und zur richtigen Zeit an die richtigen Leute mit den richtigen Argumenten herantreten – dann sind sie in der Regel erfolgreich mit ihrem Anliegen."
Das sei nichts Verwerfliches, betonte der Anwalt: "Ich finde, man könnte fast sagen, wir brauchen nicht weniger Lobbyismus, sondern eigentlich mehr - und zwar für solche Gruppen, die ihn sich bisher nicht leisten konnten."
Crowdfunding entscheidet
Für welche Anliegen sich "Weblobby" entscheidet, hängt vor allem vom Crowdfunding im Internet ab. Vorschläge würden zunächst geprüft und eine Auswahl auf der Homepage veröffentlicht. "Wenn wir sehen, dass sich viele Menschen hinter dieses Anliegen stellen und auch bereit sind, dafür fünf oder zehn Euro zu geben", sei das ein Zeichen für die Relevanz des Problems, so Sahl.
(gem)