Platz ist pures Geld

Von Markus Rimmele |
Die Büromieten der ehemaligen britischen Kolonie Hongkong sind inzwischen die höchsten der Welt. Für die ansässigen internationalen Firmen bedeutet das große finanzielle und logistische Belastungen.
Wer einmal zur Rush Hour eine Hongkonger Straßenkreuzung überquert hat, weiß, dass es in dieser Stadt an Platz fehlt. Die Menschen quetschen sich aneinander vorbei. In den Büros sieht es nicht anders aus. Vollgestopft bis unter die Decke oftmals. Viele haben kein Tageslicht. Durch Trennwände an den Schreibtischen entsteht ein wenig das Gefühl vom eigenen Raum.

Die Enge ist das Ergebnis exorbitanter Preise. Hongkongs Büromieten sind in den Toplagen die höchsten der Welt. Rund 100 Euro kostet der Quadratmeter im Monat, etwa dreimal so viel wie am teuersten deutschen Bürostandort Frankfurt. Betroffen ist vor allem Hongkongs Central Business District, der Hochhauswald auf Hong Kong Island, eingequetscht zwischen Berg und Wasser. Hier residiert die Finanzwelt:

"Im Bezirk Central versammeln sich traditionell die Top-Mieten-Zahler", sagt Alex Barnes. Er ist Immobilienmakler bei der Firma Jones Lang LaSalle. "Das ist aber ein sehr kleiner Markt, wenn man ihn mit dem Londoner West End oder New York vergleicht. Wir haben also Firmen, die viel Geld bezahlen können auf einem Markt mit knappem Raum. Die Vermieter setzen da die Preise hoch und können gute Mieten erzielen."

Banken, Versicherer, Weltkonzerne. Alle wollen sie in Central sein. Aus Renommee-Gründen. Aber auch, weil es praktisch ist. Auf der Fläche von der Größe eines deutschen Altstadtkerns operiert extrem verdichtet die gesamte Finanzbranche. Die Wege sind kurz, man kennt sich. Bis zu zehn Termine lassen sich so pro Tag bewältigen. Unter dem Viertel liegt die Station des Airport Express, der die Business High Flyer in 23 Minuten zum Flughafen katapultiert.

Das ist wichtig in einer Stadt, die vor allem als Drehscheibe für die Firmen fungiert. Hongkong liegt zentral in Asien. In maximal drei bis vier Flugstunden werden alle anderen Metropolen der Region erreicht. Deshalb sind hier oft die Firmenzentralen für Asien-Pazifik angesiedelt. Auch die des deutschen Chemieunternehmens BASF. Andreas Schweitzer ist verantwortlich für die Immobilien des Konzerns in Asien. Das Preisniveau in Hongkong ist für jedes Unternehmen eine Herausforderung, sagt er:

"Wir haben deutlich weniger Büros. Mehr open space. Und wir suchen dann schon Standorte mit hoher Gebäudeeffizienz. Es hat Einfluss auf alle Bereiche des Büros. Der individuelle Platz ist geringer, die Ablagen sind geringer. Teilweise, wenn Sie unter die Schreibtische schauen, finden Sie drei Paar Schuhe, Sie finden die Tennisschläger. Das ist alles in allem enger."

Die BASF beschäftigt 650 Leute in Hongkong. Nur so viele, wie es unbedingt sein müssen. Denn Mitarbeiter brauchen Platz, und Platz ist pures Geld in Hongkong.
Die astronomischen Preise vertreiben die Firmen aber trotzdem nicht aus Hongkong, sagt der Makler Alex Barnes:

"Für internationale Firmen ist Hongkong ein Schlüsselstandort. Wenn es um China geht, wollen sich viele Firmen nicht auf dem Festland ansiedeln, sondern hier. Mittlerweile sehen wir sogar viele chinesische Unternehmen, die Hongkong als Sprungbrett in die Welt nutzen. Und Hongkong ist immer noch ein riesiges Finanzzentrum."

Somit sind günstigere Mieten nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil. Die Preise werden Prognosen zufolge wohl weiter steigen. Erst in vier oder fünf Jahren könnte sich die Lage etwas entspannen. Dann soll auf dem alten stillgelegten Flughafengelände zentrumsnah ein neuer Geschäftsbezirk entstehen.