Hören Sie auch ein Gespräch mit unserer Kollegin Susanne Burg in der Sendung Kompressor zu dem Film „Pleasure“.
"Pleasure" von Ninja Thyberg
Die Schauspielerin Sofia Kappel und die Regisseurin Ninja Thyberg © picture alliance / TT News Agency / Anders Wiklund
Die Pornobranche aus Frauensicht
10:28 Minuten
Pornos kreisen fast ausschließlich um den männlichen Blick auf das Sexobjekt Frau. Die schwedische Regisseurin Ninja Thyberg zeigt in „Pleasure“, wie Frauen ihre Arbeit in dem Business erleben: Wie fast überall gelten die Regeln des Patriarchats.
Linnéa verlässt ihre Kleinstadt in Schweden, um in Los Angeles ein bekannter Pornostar zu werden. Sie nennt sich „Bella Cherry“, erhält auch bald erste Aufträge. Sie merkt aber ziemlich schnell, dass sie nur aufsteigen kann, wenn sie sämtliche sexuellen Fantasien bedient – auch jene, die Schmerz und Erniedrigung bedeuten. Immer wieder sieht sie sich mit Demütigungen und Ausbeutung konfrontiert.
Das ist die Geschichte von "Pleasure", dem ersten Spielfilm der schwedischen Regisseurin Ninja Thyberg. Er bietet einen Blick auf die Pornobranche in Los Angeles und zwar aus strikt weiblicher Sicht. Lust, Gewalt und Macht scheinen in dem Business untrennbar verbunden.
Menschen hinter den Stereotypen
Ninja Thyberg hat Gender Studies studiert. Im Rahmen des Studiums hat sie Texte über Pornografie geschrieben und dafür viel recherchiert. "Ich wollte mehr darüber wissen, wie Frauen in der Pornobranche auf ihren Beruf schauen und die Menschen hinter den Stereotypen kennenlernen", erläutert sie.
Obwohl das Business in L.A. so hart ist, sei sie bewusst dorthin gegangen, "weil das der einzige Ort ist, wo es eine Pornoindustrie gibt". In Schweden gebe es überhaupt keine Pornoindustrie. Und auch wenn viele Drehs von L.A. abgewandert sind, nach Miami und Las Vegas etwa, so liegt das Zentrum der Branche doch nach wie vor in Los Angeles."
"Das Spiel heißt Patriarchat"
Hauptdarstellerin Sofia Kappel, die vor dem Dreh von "Pleasure" keinerlei Schauspielerfahrung hatte, sagt über ihre Motivation: "Ich hätte mir gewünscht, dass es einen solchen Film in meiner Jugend gegeben hätte. Das hätte einen großen Einfluss auf mich gehabt. Ich fand das einen wichtigen Film, vor allem für die junge Generation. Und deswegen habe ich mitgemacht."
Über die Spielregeln in der Pornobranche sagt sie: "Ich würde sagen, das Spiel heißt Patriarchat." Die Strategien, die ihre Figur im Film benutze, ähnelten denen von Frauen in anderen Branchen. "Als junge Frau musst du in einer männlich dominierten Welt einfach Strategien entwickeln, um zu überleben."
Den Frauen eine Stimme geben
Regisseurin Thyberg betont: "Es war mir wichtig, den Frauen eine Stimme zu geben und dass der Film loyal mit den Protagonistinnen ist und nicht auf sie herabschaut oder sie wie ein Objekt studiert. Ich glaube, wenn ich den Film vor meiner Recherche gemacht hätte, wäre er wohl sehr viel herablassender geworden."
Denn am Anfang sei sie überzeugt gewesen, "dass ich alles besser weiß, dass ich mehr über patriarchale Strukturen weiß als die Frauen, die dort arbeiten".
Im Film geht Thyberg sehr dicht heran an den weiblichen Körper und zeigt deutlich, wie Frauen sich auf ihr "Geschäft" wie etwa Analsex vorbereiten. Deshalb auch habe sie statt mit ausgebildeten Schauspielerinnen lieber mit Profis aus der Pornobranche gearbeitet: "Ich wollte, dass alles realistisch und richtig ist. Das hat sich so entwickelt. Ich habe auch viele Schauspieler gecastet, aber ich habe ihnen die Szenen nie wirklich abgenommen."