Harter Kampf um Marktanteile
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Gemütliche Spielwiese war gestern: Das Start-up Luminary will das "Netflix für Podcasts" werden und hat den großen Playern den Kampf angesagt. Die wiederum boykottieren die neue App, etwa Spotify oder die New York Times. Was steckt hinter dem Konflikt?
Eine neue Podcast-App sorgt für Ärger in der Podcast-Industrie: "Luminary" setzt anders als andere Anbieter nicht allein auf Werbefinanzierung, sondern bietet seinen Nutzern ein Subskriptionsmodell an. Zwar ist das Herunterladen der App kostenlos und auch viele Inhalte sind gratis zu hören. Aber wer die selbst produzierten, exklusiven Shows mit Promi-Hosts hören will, muss 7,99 Dollar bezahlen. Derzeit ist Luminary zwar nur in den USA, Kanada, Großbritannien und Australien erhältlich, aber ihr Geschäftsmodell könnte Konsequenzen für die gesamte Podcast-Branche haben.
Das Ziel: das "Netflix für Podcasts"
In gewisser Weise ist Luminarys Strategie vergleichbar mit der von Netflix – nicht umsonst will das Start-up das "Netflix für Podcasts" werden: Mit Exklusiv-Inhalten sollen Nutzer dazu gebracht werden, ein Abonnement abzuschließen. Da Luminary vor dem Start 100 Millionen Dollar an Investorengeldern eingesammelt hat und finanziell entsprechend gut ausgestattet ist, ist es dem Start-up gelungen, einige bekannte Podcast-Namen an sich zu binden: den Podcast "Love + Radio" beispielsweise oder den Comedian Trevor Noah, der künftig exklusiv auf Luminary zu hören ist.
Auf der anderen Seite verweigern einige große Podcast-Anbieter Luminary ihre Inhalte, darunter der Nachrichtenpodcast "The Daily" der New York Times und Shows von Gimlet Media wie "Reply All" und "Homecoming". Auch Podcasts von Anchor's und Parcast – beide im Besitz von Spotify – werden über die App nicht zu hören sein.
Podcaster wollen das freie Internet hochhalten
Das Mediennetzwerk "The Verge" spricht von bereits einem "Podcast-Krieg". So weit würde unser Podcast-Experte Sandro Schroeder nicht gehen. "Ich würde es eher als eine Art Kneipenrangelei sehen", sagt er. Berauscht vom Investorenkapital sei Luminary – sinnbildlich gesprochen – in die Kneipe geplatzt, in der sich die Podcast-Gemeinde seit Jahren treffe und habe deren Regeln des Umgangs gebrochen. Etwa mit der aggressiven Kampfansage "Podcasts brauchen keine Werbeanzeigen" und mit weiteren Fettnäpfchen wie, dass Podcaster zeitweise keinen Zugriff mehr auf die Abrufstatistiken ihrer Shows bekamen.
"Die heftigen Reaktionen auf diese Fettnäpfchen zeigen zwei Dinge: einerseits, wie sehr Podcasts und die lange gewachsene freie Podcast-Landschaft noch immer die Ideale des offenen, frei zugänglichen Internets hochhalten wollen", meint Schroeder. "Andererseits zeigt auch der kollektive Rückzug von einigen Podcastern und Unternehmen, wie empfindlich sowohl Akteure als auch Konkurrenz-Firmen im Podcast-Markt reagieren, wenn jemand Bezahlschranken einziehen will im ansonsten noch offen zugänglichen Medium Podcast."
(Online-Fassung: uko)