Bisher sind drei Folgen und eine Bonus-Episode erschienen. Am Ende werden es vermutlich sechs sein. Die Produktion läuft noch. Die Episoden erscheinen unregelmäßig, aber eigentlich wöchentlich.
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Die Magie analoger Sounds
Ist ein Skype-Telefonat weniger emotional, weil die Stimme unseres Gegenübers so blechern klingt? Verändert die digitale Musikproduktion die Wahrnehmung von Zeit und Raum? Solchen Fragen geht der Musiker Damon Krukowski in seinem Podcast "Ways of hearing" nach.
"Ways of Hearing" beginnt mit einem bekannten, analogen Geräusch: Das Kratzen einer Nadel auf Vinyl. Und dann erklärt Damon Krukowski.
"Die erste Platte, die ich gemacht habe, war rein analog aufgenommen. Das war keine bewusste Entscheidung, so lief das nun mal in den 80ern. Wir haben unsere Instrumente aufgebaut, runtergezählt und unsere Songs gespielt."
Die Magie analoger Musik
Krukowski war bis 1991 als Schlagzeuger bei der Indie-Band Galaxie 500 aktiv. Damals: Analoge Aufnahmen. Im Vergleich zu digitalen irgendwie magisch, erklärt der Musiker:
"Sobald das Tonband lief, hatte man das Gefühl: Das ist jetzt der Moment, den wir einfangen. Das Gefühl, dass die Zeit gleichzeitig viel langsamer und viel schneller läuft als sonst. Wie bei einem Unfall. Du nimmst jeden Sekundenbruchteil wahr, als würde alles in Zeitlupe passieren. Und was sagen wir dann nach dem Unfall? Dass alles total schnell ging!"
Im digitalen Studio gibt es diese Effekte nicht. Nichts ist endgültig, alles durchgeplant. Mit zwei Klicks beginnt die Aufnahme von vorne.
"It can be redone, reshaped, rebuilt, there is no commitment."
Und das ist der Modus Operandi von "Ways of Hearing", ein sechsteiliger Podcast vom Podcast-Netzwerk Radiotopia. Analog magisch, digital eher langweilig. Doch Krukowski glaubt, die Magie lasse sich zurückholen. Der Podcast basiert auf seinem Buch "The New Analog: Listening and Reconnecting in a Digital World". Jede Folge hat ein Thema: Raum, Zeit, Liebe, Geld und Macht. Das sechste und letzte Thema: noch geheim.
"Hier geht es um Sound. Das Medium, das wir gerade gemeinsam nutzen. Ich mache mir Sorgen, um die Qualität dieser Nutzung. Denn es scheint, dass uns alle gerade nicht besonders gut zuhören. Durch digitale Medien können unsere Stimmen so weit verbreitet werden wie noch nie. Aber wie werden sie gehört?"
Das Motto der ersten Folge: Zeit. In der analogen Welt sei Zeit variabel. Songs, die im Refrain schneller werden – ganz normal, ganz menschlich. Digitale Produktionen hingegen folgen dem so genannten Clicktrack. Ein Klang, der wie ein Metronom die Geschwindigkeit diktiert.
"Was die Popmusik der 1980er Jahre wirklich verändert hat, waren digitale Maschinen. Und Maschinen haben ein anderes Gefühl für Zeit."
Wie verändern digitale Sounds unser Miteinander?
Thema der dritten Folge: Liebe. Krukowski telefoniert mit seiner Mutter, einer Jazz-Sängerin, per WhatsApp. Die Stimme ist klar. Aber auch künstlich. Und so ein digitales Telefongespräch, wie das mit seiner Mutter, vermutet Krukowski, transportiert weniger Gefühle als ein analoges. Denn Skype, FaceTime, generell Smartphones, filtern bestimmte Geräusche und Frequenzen einfach raus. Handys übertragen einfach nur Worte.
"Alles andere ist unwichtig: Der Lärm im Hintergrund, der zeigt, wo man gerade ist, Atemgeräusche, der Klang des Zuhörens. Doch gerade wegen dieser Geräusche konnten wir so lange am analoge Telefon hängen, manchmal, ohne zu sprechen. Wir konnten die gegenseitige Anwesenheit spüren."
Und das, so die These, ist heute nicht mehr so. "Ways of Hearing" ist ein Podcast nah an der Zeit. Krukowski zeigt große gesellschaftliche Veränderung an kleinen Klangphänomenen. Die Vereinzelung in der Großstadt? Teilweise eine Folge digitalen Musikkonsums und zu erkennen an den kleinen Kopfhörern, viele mit schlechtem Sound, die sich Menschen ins Ohr stecken und sich von der Umwelt abschotten.
Die Episoden sind gut 20 Minuten lang, aber so vollgepackt, dass es manchmal schwerfällt, Krukowskis Gedanken zu folgen. Das Tolle an "Ways of Hearing" ist aber: Die Verlagerung vom Analogen ins Digitale wird nicht nostalgisch verklärt. Sondern als kultureller Wandel betrachtet, der so selbstverständlich ist wie das Geräusch einer Nadel, die auf eine Schallplatte trifft.
(mw)