Podcasting-Boom in Deutschland

Von Tarik Ahmia |
Podcasting heißt das Schlagwort der Stunde, das es jedermann erlaubt, wie ein Radiosender selbst gemachte Audiodateien im Netz zu verbreiten. Das Kunstwort aus Apples' MP3-Player "ipod" und dem englischen Wort "broadcasting" steht für eine sanfte Medienrevolution.
"Hallo Liebe PODESTRIAN Hörer… Heute gibt es ein Special…", "Hier ist das Campus Radio für Münster", "Hallo, und Willkommen bei Wanhoffs Wunderbare Welt der Wissenschaft…", ""Hallo, willkommen bei schlaflos in München. Ich 'wrestle' gerade mit meiner Katze, während ich hier spreche. Fühlt Euch nicht gestört, wenn ich ein bisschen abgelenkt klinge…"

Im Internet plaudert es auf allen Kanälen. Podcasting heißt das Schlagwort der Stunde, das es jedermann erlaubt, wie ein Radiosender selbst gemachte Audiodateien im Netz zu verbreiten. Das Kunstwort aus Apples' MP3-Player "ipod" und dem englischen Wort "broadcasting" steht für eine sanfte Medienrevolution. Denn mit Podcasting entscheiden die Nutzer selbst, nicht nur ob sie Macher oder Hörer sind, sondern auch was und wann sie etwas hören.

Thomas Wanhoff, Vorsitzender des Verbandes deutschsprachiger Podcaster:
"Wer Podcasting machen will, braucht nicht viel mehr als ein Notebook oder einen Computer mit einem Mikrofon. Da spricht er dann das rein, was er will, speichert das Ganze im mp3-Format ab und stellt es ins Internet, und schon hat er eine Podcast gemacht."

Thomas Wanhoff ist Podcaster der ersten Stunde und Vorsitzender des deutschsprachigen Podcastverbandes. Im Vorstand des noch kleinen Verbandes sitzt mit Bettina Klöss-Schmidt auch eine der - noch - wenigen Frauen unter den deutschsprachigen Podcastern. Ihre Sendung heißt "kidpod".

Bettina von Kittpott: "Ich nutze den Podcast, um meine Sache zu vertreten. Mir geht es um einen respektvollen Umgang mit Kindern Ich möchte neue einige Gedanken weitergeben und einfach mal etwas anderes vorstellen."

Podcasthörer - wie Macher werden zu ihren eigenen Senderchefs. Die Vision eines demokratischen Massenmediums wird wahr, die Berthold Brecht schon 1932 beschrieb: "Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens,… wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hörend, sondern auch sprechend zu machen und ihn in Beziehung zu setzen."

Podcast hören ist nicht schwer, Podcast machen doch schon eher. Wer einzelne Sendungen als MP3-Datei herunterladen möchte, kann dies mit einer kostenlosen Software wie "ipodder" oder "itunes" unkompliziert tun. Wer regelmäßig podcasts publiziert, der benötigt für die Audiodateien eigenen Speicherplatz auf einem Server, muss computertechnisch - noch - etwas bewandert sein und darf vor HTML Code nicht zurückschrecken. Glücklicherweise gibt es aber mit "podhost.de" und "odeo.com" die ersten Anbieter, die auch aus technischen Laien echte Podcaster machen.

Podcasting erlebte einen großen Schub, als Apple die kostenlosen Podcasting-Angebote in seine populäre Musik-Download-Plattform "itunes" integrierte. Seitdem ist ein Podcast-Boom ausgebrochen, der immer mehr von professionellen Anbietern als neuer Vertriebsweg genutzt wird. Die CDU ist derzeit genau so wie die SPD mit podcast- Wahlkampftagebüchern auf Wählerfang. Die BBC podcastet ebenso wie der der Vatikan und die Deutsche Welle, auch Arnold Schwarzenegger tut es und Teile der ARD.

Computerstimme Handelsblatt: "PODCAST: Handelsblatt überall hören: Mit dem neuen Podcasting Service macht das Handelsblatt es seinen Lesern möglich, ausgewählte Texte unterwegs auf ihren MP3-Player zu hören."

Handelsblatt-Sprecher: "Handelsblatt-Insider: Der Internet-Handel trotzt der Konsumflaute…"

Deutschlandradio Kultur: "Welche Gefahr geht denn nun vom Vogelgrippevirus aus…"

Auch das Deutschlandradio baut sein Podcast-Angebot kontinuierlich aus. Dietmar Timm leitet das Online Angebot der beiden Programme von Deutschlandradio:

Dietmar Timm, Podcast-Programmangebot: "Wir sind nun in der Lage, ein reguläres Podcast-Angebot unseren Nutzern zu bieten, beginnend mit den Nachrichten. Wir wollen dieses Angebot wöchentlich erweitern um jeweils eine Sendung. Aus dem Deutschlandfunk "Forschung Aktuell", "Campus & Karriere" aus Deutschlandradio Kultur die Kulturnachrichten, das "Politische Feuilleton" etc."

Anbieter wie AUDIBLE.DE arbeiten daran, mit Podcasting Geld zu verdienen. Hörbücher und Audioausgaben von Wochenzeitungen gehören zum Angebot. Auch Harald Schmidt bietet ein wöchentliches "ischmidt"-podcast für 99 cent an.

Aber auch wenn der Kommerz eines Tages das neue Medium vereinnahmt hat, dann wird vor allem die innovative Technik überleben, die hinter dem Podcasting steht, glaubt Nicolas Oestreich. Deutschlands erster Podcaster arbeitet oft in Berliner Szene-Cafés mit seinem Notebook, immer online über das lokale Funknetz:

Nicolas Oestrich, Podcaster der ersten Stunde (Betreiber www.ipodfun.de):

"Es geht immer mehr einfach in Richtung Transportmittel. Wenn ich es jetzt beschreiben müsste, ist es die Technik die dahinter steckt, dass du einfach Sachen immer aktualisieren kannst. Ich denke, da wird es hingehen: Das es eher ein Weg ist, um Inhalte zu transportieren, die schon existieren. Genau wie bei der Tagesschau: ob du dir es auf der Seite herunterlädst oder du abonnierst den Podcast: Es ist mehr ein Transportmittel geworden. Früher war es eher so ein "Ich mach mal jetzt meine eigene Radiosendung"."

Für den Moment herrscht aber die bunte Anarchie der sendenden Individualisten. Podcasting ist eine Erweiterung dessen, was man bisher unter Radio verstand und es lebt nicht zuletzt von der Experimentierfreude und Kreativität seiner Nutzer.