Ein moralischer Kompass für die Musikbranche?
Musiker wie Farid Bang, Kollegah oder Frei.Wild füttern die Aufmerksamkeitsmaschine mit rassistischen Texten, die Musikindustrie zeigt sich selbst beim Echo-Skandal wenig einsichtig – wie auch bei einer Podiumsdiskussion beim Reeperbahn Festival.
Unter dem Titel "Pop und Populismus" lotete eine Podiumsdiskussion beim diesjährigen Reeperbahn Festival in Hamburg den Umgang der Musikbranche mit Fällen von Rassismus, Sexismus und Antisemitismus als Aufmerksamkeitskatalysator aus.
Auf dem Podium saßen Florian Drücke, der Vorsitzende des Bundesverbandes der Musikindustrie BVMI, der Konzertveranstalter Oliver Hoppe, Gerrit Köppl, Redakteur des Musikmagazins Visions, Schiwa Schlei, Programmchefin des WDR-Senders Cosmo, und der Musiker Jonas Schubert von der Band OK Kid.
Dirk Schneider saß im Publikum und verfolgte eine hochemotionale Diskussion voller Selbstbeschuldigungen, die allerdings nicht von Seiten der Musikindustrie ausgegangen seien.
Verantwortung der Hörer
Als besonders frappierend empfand Schneider die Äußerungen des Vorsitzenden des BVMI Florian Drücke, der in Bezug auf die politischen Inhalte des Battle-Rap keine Schuld bei der Industrie und stattdessen die Verantwortung bei den Hörern sehe.
Die Texte von Kollegah und Farid Bang, die beim diesjährigen Echo einen Eklat auslösten, habe er im Vorfeld der Verleihung nicht gehört.
Schiwa Schlei von WDR Cosmo habe für eine stärkere Stellungnahme seitens der Medien plädiert; auch Visions-Redakteur Gerrit Köppl habe sich für eine breitere mediale Behandlung des Themas Rassismus, Sexismus und Antisemitismus im Battle-Rap ausgesprochen.
"Der Riss in der Gesellschaft geht mitten durch Helene"
Oliver Hoppe habe von enttäuschten Helene-Fischer-Fans nach ihrer Stellungnahme zu Chemnitz berichtet, die nun von rechten Internetkanälen abgeholt werden würden, was er mit "Der Riss in der Gesellschaft geht mitten durch Helene", übertitelt habe.
Letztlich aber, so fasste Schneider die Podiumsdiskussion abschließend zusammen, sehe man die Verantwortung bei Künstlern, der Presse und staatlichen Stellen – nur nicht bei der Musikindustrie.
(jb)