The Polaroid Project
noch bis 17. Juni 2018 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg
weitere Informationen online
Mythos Instant-Fotografie
Vom Knipps zum Foto in einer Minute: So lautete einst das Versprechen der Polaroid-Fotografie. Jetzt widmet sich eine Hamburger Ausstellung dem Phänomen, das auch viele namhafte Künstler wie Andy Warhol und Dennis Hopper einst in seinen Bann gezogen hat.
New York 1978. Selfie - mit Polaroid-Kamera: Andy Warhol fotografiert sich, wie er mit gerümpfter Nase zum Niesen ansetzt / daneben: Andy Warhol zeigt sich beim Schneuzen in ein Taschentuch / Daneben: verwackelte Partyszenen, Gesichter, Arme, Beine, wildes Treiben...
"Warhol ist natürlich stellvertretend für den Moment der Unmittelbarkeit und Spontaneität, was ja das Charakteristikum der Technik ist", sagt Kuratorin Esther Ruelfs.
Kreativer Schub
In acht Kapiteln zeigt sie, wie unterschiedlich Fotografinnen und Fotografen seit den 1950er Jahren die Möglichkeiten der Polaroid-Kameras nutzten. Schwerpunkt bilden die experimentellen 70er und 80er Jahre, sagt sie:
"Da sieht man die ganze Kreativität, die das Verfahren in Gang gebracht hat: Da wurde mit der Emulsion gearbeitet, die Oberflächen wurden nachträglich bearbeitet, man hat versucht, das zu übermalen, den chemikalischen Prozess zu beeinflussen, zu collagieren."
Ein Foto in 60 Sekunden
Polaroid schrumpfte den Prozess vom Auslösen der Kamera bis zum Bild in der Hand auf 60 Sekunden zusammen! Mit dieser technischen Revolution wurde Fotografieren so einfach und schnell, wie nie zuvor. Die typisch US-amerikanische Geschäftsidee richtete sich vor allem an den riesigen Markt von Amateuren - wobei das Firmen-Marketing eine geniale Idee hatte, erklärt Ruelfs:
"Edwin Land, der Erfinder des Polaroid, der hat schon 1948 Ansel Adams, den Vater der amerikanischen Landschaftsfotografie, zum Berater der Polaroid Corporation hinzugezogen. Also von Anbeginn der Firma waren immer Künstler mit an diesem großen Projekt Polaroid beteiligt."
Auch die großen Namen arbeiteten mit Polaroid
Mehr noch: Das Unternehmen überließ Fotografen seine Technik, erhielt im Gegenzug Fotos - und baute so die "Polaroid Collection" auf, aus der auch die Bilder für die Ausstellung stammen. Ob Walker Evans, David Hockney, Dennis Hopper, Robert Maplethorpe oder Brian Graham - sie alle arbeiteten auch mit Polaroid, so Kuratorin Esther Ruelfs:
"Es gibt dann eben auch bestimmte Verfahren, die die Künstler besonders fasziniert haben und die eben mit dem Material einzigartig waren. Immer wieder wird die bestimmte Farbigkeit erwähnt oder wird diese unglaubliche Feinkörnigkeit der schwarz-weiß-Negative."
Chuck Close etwa schuf ein hyperrealistisches Porträt von Hillary Clinton, das auch noch die winzigste Falte zeigt. John Sexton machte in dem Ausschnitt einer farbigen Hauswand jede Nuance von Farbe und Material sichtbar. Und Lucas Samaras nutzte in einer Art fotografischer Performance die noch feuchte Oberfläche, und verwandelte seine Selbstbildnisse durch Verschmierungen in unheimliche Grimassen.
Unterschiedliche Kamera-Modelle
Auch wenn man bei Polaroid als erstes an die kleinen Sofortbilder mit dem weißen Rahmen denkt: Die unterschiedlichen Kamera-Modelle aus über 50 Jahren, die in zwei großen Vitrinen ausliegen, ermöglichten ganz unterschiedlich große Bild-Formate, wie sie jetzt auch in der Ausstellung hängen. Einzigartigen Sonderstatus genoss dabei die Großformat-Kamera, die 1977 in nur wenigen Exemplaren ausschließlich für Künstler entwickelt wurde. Ruelfs erklärt:
"Das war ein Riesenteil, das wiegt über 100 Kilo, es ist über-Mann-groß, wurde mit einem Operateur verschickt, und die Künstler konnten dann mit dieser Kamera arbeiten. Also mit der Kamera arbeiten heißt: Die haben natürlich vor allem im Studio Stillleben arrangiert ... und dann sehr abstrakt mit dieser Kamera gearbeitet."
16.000 Arbeiten umfasst die einzigartige Polaroid Collection. Doch schon der vergleichsweise winzige Ausschnitt in Hamburg zeigt anschaulich, weshalb viele Fotografen die Technik so schätzten: die vielfältigen Möglichkeiten setzte ihre Phantasie frei.
16.000 Arbeiten umfasst die einzigartige Polaroid Collection. Doch schon der vergleichsweise winzige Ausschnitt in Hamburg zeigt anschaulich, weshalb viele Fotografen die Technik so schätzten: die vielfältigen Möglichkeiten setzte ihre Phantasie frei.