Polen

Wenn Fanatismus das Klima vergiftet

Polens neuer Präsident Andrzej Duda
Polens neuer Präsident Andrzej Duda © dpa / picture alliance / Radek Pietruszka
Von Beata Bielecka · 07.08.2015
Die Partei "Recht und Gerechtigkeit" des neuen polnischen Präsidenten Andrzej Duda schüre nationale Vorbehalte gegen Ausländer, kritisiert die Publizistin Beata Bielecka. Nichts sei so gefährlich wie Nationalismus, der leicht zum Fanatismus werde.
Und es ist passiert! Ich hoffte, die jungen Wähler wären klüger, aber ihre Gunst hat sich der Partei "Recht und Gerechtigkeit" zugewendet. Sie könnte im Herbst aus der Opposition in die Regierung wechseln. Erst wurde Ende Mai ihr Frontmann Andrzej Duda zum neuen polnischen Präsidenten gewählt, nun will ihre Spitzenfrau künftige Premierministerin des Landes werden.
Wie ein weiblicher James Bond trat sie kürzlich auf einem Parteitag auf: "Meine Name ist Szydlo. Beata Szydlo." Ich konnte über diesen Witz nicht lachen, denn ich habe einfach Angst vor dieser nationalkonservativen Partei. Und habe mich oft für sie geschämt - damals 2006 und 2007, als sie und ihre beiden Gründer, die Zwillingsbrüder Lech Kaczyński und Jarosław Kaczyński, erstmals Polen regierten.
Ich will ja nicht miesmachen, aber die deutsch-polnischen Beziehungen, die noch nie so gut waren wie in den letzten Jahren, werden nun wieder auf eine harte Probe gestellt. Bis heute droht Jarosław, damals Ministerpräsident, seinen Landsleuten mit der deutschen Gefahr. Und der tödlich verunglückte Lech war als Präsident stolz, deutschen Politikern nicht einmal den kleinen Finger gereicht zu haben.
Der Populismus spaltet Polen
Darüber hinaus reitet die Parlamentarierin Krystyna Pawłowicz die Parteiattacke gegen die Europäische Union, indem sie öffentlich verkündet: sie warte und bete, dass die EU von allein zerfalle. Das Schüren nationaler Vorbehalte gegen alles Ausländische trifft ebenso Flüchtlinge. Dem können sich auch die noch regierenden Liberalen nicht entziehen. Warschau hat sich in Brüssel geweigert, Asylsuchende in größerem Umfang gemäß einer EU-Quote aufzunehmen.
Ich kritisiere den Populismus von "Recht und Gerechtigkeit" nicht nur deswegen, weil er das politische Klima zu europäischen Nachbarn vergiftet, sondern weil er auch das Land selbst spaltet. Wie nie zuvor in der Geschichte werden Polen gegen Polen aufhetzt, die einen, denen es besser geht, gegen andere, denen es schlechter geht.
Denn was die heutige Opposition den sozial schwachen Menschen verspricht, ist leer und unseriös. Als Wahlkämpfer wollte Andrzej Duda erreichen, dass kein Pole mehr im Ausland Arbeit suchen muss, dass dem unrentablen Kohlebergbau geholfen wird, dass Eltern mehr Kindergeld erhalten und das Rentenalter wieder gesenkt wird. Abgesehen davon, dass ein Präsident für diese Agenda gar kein Mandat hat, würden seine Versprechen 82 Milliarden Euro kosten.
Es geht nur vordergründig um Landesinteressen
Eine solche Art, Politik zu machen, macht mich wütend. Und auch, dass die jungen Wähler dies nicht durchschauen. Sie ließen sich auf die Seite der Kaczynski-Partei ziehen, um die eigentlich erfolgreich regierende "Bürgerplattform" abzustrafen. Denn liberale Politiker wurden mehrfach – besonders durch eine Abhöraffäre – dabei erwischt, wie sie als Emporkömmlinge abfällig über das einfache Volk sprachen.
Und trotzdem: Auch wenn sich Regierung und Opposition, "Bürgerplattform" und "Recht und Gerechtigkeit" dem Bürger derzeit wie eine Wahl zwischen Pest und Cholera darstellen, halte ich arrogante Angeberei bei weitem für nicht so gefährlich wie Nationalismus, der leicht zum Fanatismus wird.
Und ihn fürchte ich am meisten, wenn sich die erhobene Hand zur Faust ballt, wenn es angeblich um Landesinteressen geht, in Wirklichkeit aber darum, bei Unzufriedenen damit zu punkten, dass Einheimische gegen Ausländer oder Polen gegen Polen ausspielt werden.
Beata Bielecka ist Redakteurin der "Gazeta Slubicka", der kommunalen Zeitung der Stadt Slubice, arbeitete zuvor 20 Jahre lang als Redakteurin bei "Gazeta Lubuska", der größten regionalen Tageszeitung Polens an der deutsch-polnischen Grenze, hat 1996 gemeinsam mit Dietrich Schröder (Märkische Oderzeitung) den "Wächter-Preis der deutschen Tagespresse" verliehen bekommen: für eine Artikelreihe über Regelverstöße bei der Grenzpolizei, war 2014 nominiert für den deutsch-polnischen Journalistenpreis "Tadeusz-Mazowiecki".
Beata Bielecka, Redakteurin der "Gazeta Lubuska"
Beata Bielecka, Redakteurin der "Gazeta Lubuska"© privat
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