Politik auf der Kinoleinwand

    Und sie kämpfen immer noch

    Karl Marx mit Gießkanne: Ein Graffiti auf dem Gelände der Universidad Nacional in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá.
    Karl Marx mit Gießkanne: Ein Graffiti auf dem Gelände der Universidad Nacional in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. © Deutschlandradio / Johannes Kulms
    Politisch ist die Berlinale immer. Aber in diesem Jahr wird besonders auf die Filme geschaut, die von politischen Kämpfen handeln. Filme wie "I Am Not Your Negro" oder "Política, manual de instrucciones" über die Podemos gehören zu den Höhepunkten der Polit-Streifen.

    Wettbewerb

    Der junge Karl Marx – Er ist notorisch verschuldet und hat Existenzängste: Karl Marx ist Mitte 20 und lebt im Exil in Paris. Dort freundet er sich mit dem etwas jüngeren Friedrich Engels an, sie verfassen ihre ersten gemeinsamen Schriften. Sie wollen zusammen die Welt verändern. So weit, so gut. "Der junge Karl Marx" ist ein Kostümfilm, der die Zusammenkunft von zwei großen Denkern des 19.Jahrhunderts bebildert. Der Film zeigt Marx und Engels als zwei ungestüme junge Männer, die an Veränderung glauben und bereit sind, dafür zu kämpfen.

    The Trial – the State of Russia vs. Oleg Sentsov – Der Filmregisseur Oleg Sentsov steht vor Gericht in Russland: 20 Jahre Haft in Sibirien wegen Terrorismus lautet das Urteil. Ein politischer Schauprozess, der internationale Solidarität mit dem Angeklagten hervorgerufen hat. Unter anderem Ken Loach und Pedro Almodóvar haben sich für ihren Kollegen eingesetzt. Askold Kurov begleitet den Prozess mit seiner Kamera.

    Short

    Avant l’envol – Der Film studiert die Situation einer Auswahl von modernen Gebäuden in Abidjan, einer Stadt in der Elfenbeinküste. Der Architektur der 60er und 70er Jahre wird hier Tribut gezollt. Der Regisseur Laurence Bovin interessiert sich besonders für die Architektur von Henri Chomette und dafür, wie die Menschen sich seine Gebäude aneignen. Auf die Befreiung der Elfenbeinküste im Jahr 1960 von der Kolonialmacht Frankreich folgte ein wahrer Architekturboom. Insofern zeigt der Film, wie Architektur immer auch den politischen und gesellschaftlichen Zeitgeist widerspiegelt.
    The Boy From H2 - Hebron, die größte Stadt im Westjordanland, ist seit 1997 durch das Abkommen von Hebron in zwei Sektoren aufgeteilt: H1 und H2. Die Bewegungsfreiheit der Palästinenser ist in H2 stark eingeschränkt, und das soziale Leben in diesem Teil der Stadt ist zum Erliegen gekommen. Jeden Tag nehmen Soldaten Kinder fest, die sie mit Steinewerfen und anderen Aktionen in Verbindung bringen. Auch der 12-jährige Palästinenser Muhammad Burqan muss täglich mehrere Checkpoints durchqueren, seine Bewegungsfreiheit wird von israelischen Soldaten eingeschränkt. Die israelische Organisation B’Tselem hat den Film produziert. In Israel gerät sie gerade zunhemend in die Kritik, weil ihr vorgeworfen wird, das eigene Land zu verraten.

    Panorama

    Headbang Lullaby – Es ist 1986 und Marokko hat gerade überraschend ein Fußballspiel gegen Portugal gewonnen. Jetzt liegen Selbstbewusstsein, Würde und Lebensdurst in der Luft, obwohl die Bevölkerung unter Repressionen des monarchistischen Regimes leben muss. Der Film handelt von dem Regierungsbeamten Daoud, der in einem Strudel von Ereignissen den Überblick behalten muss und von einer Bevölkerung, die sich nicht unterkriegen lassen will.

    Panorama Dokumente

    Combat au bout de la nuit - Ein knapp fünfstündigen Dokumentar-Essay über Griechenland in der Finanzkrise. Auch wenn das Land aus den Schlagzeilen verschwunden ist, hat sich die Situation der Menschen dort kaum verändert. Poetisch-kämpferisch zeigt Sylvain L’Espérance in seiner 28-tägigen Langzeitstudie den Aufstand einfacher Arbeiter und den Einsatz solidarischer Ärzte sowie die prekäre Situation der Geflüchteten, die in Griechenland ausharren.
    I am not your negro – Basierend auf James Baldwind unvollendetem Manuskript "Remember This House" erkundet dieser Dokumentarfilm von Regisseur Raoul Peck die Geschichte des Rassismus in den USA. Baldwin erinnert an seine drei ermordeten Bürgerrechtler-Freunde Malcolm X, Medgar Evers und Martin Luther King und reflektiert die eigenen, schmerzhaften Lebenserfahrung als Schwarzer. In den USA wurde dieser Film hoch gelobt. Das ist wahrscheinlich nicht nur dem aktuellen Zeitpunkt zu verdanken, sondern auch James Baldwin, der nicht nur als Autor sondern auch als Bühnenperson beeindruckt.
    Política, manual de instrucciones – Die spanische Podemos-Partei, die aus der Bürgerbewegung Movimiento 15M hervorging, feierte schnell politische Erfolge. Schon 2015 war sie drittstärkste Kraft im Parlament, ein Jahr nach ihrer Gründung. Der Spilmfilmregisseur Fernando León de Aranoa bekam genauen Einblick in die Krisen der jungen Partei, die versucht, politische Mitbestimmung anders zu gestalten und sich dabei nicht selbst zu verraten. "Es sind guter Jungs, aber manchmal würde ich sie gerne umbringen", sagt der Kopf der Bewegung, Pablo Iglesias, an einer Stelle über die Filmcrew.
    Strong Island – Der Film ist eine Verbindung aus persönlichem Essay, detektivischer Suche und dokumentarischen Interviews mit Angehörigen eines Mordopfers. Der junge Afro-Amerikaner William Ford wurde 1992 von einem weißen Automechaniker erschossen. Die Kamera begibt sich auf Spurensuche durch ein Land, das trotz Obama nicht von seinen größten Ungleichheiten geheilt werden konnte.