Debatte
Dass unterschiedliche Meinungen aufeinanderstoßen, gehört zur Demokratie dazu. Gefährlich wird es, wenn nicht mehr argumentiert, sondern geschwiegen wird. © Getty Images / iStockphoto / ni li
Sechs Tipps, um politisch besser zu streiten

Bei politischen Streitthemen stehen sich die verschiedenen Lager schnell unversöhnlich gegenüber. Dabei ist die Debatte eines der Kernelemente unserer Demokratie. Wie gelingt es uns, miteinander im Gespräch zu bleiben?
Während der Coronakrise standen sich „Team Sicherheit“ und „Team Freiheit“ fast unversöhnlich gegenüber. Freundschaften zerbrachen. Später polarisierte der Krieg in der Ukraine und in Nahost. In Deutschland folgte der harte Schlagabtausch im Wahlkampf und die Migrationsdebatte.
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Vor allen in politischen Krisenzeiten geht es in Gesprächen und Debatten heiß her. Es wird polarisiert, reduziert und pauschalisiert. So sehr, dass aus politischen Gegnern Feinde werden - am Ende steht man sich sprachlos gegenüber. Weder ein Austausch noch ein Kompromiss scheinen möglich.
Wir brauchen auch die institutionellen Rahmen und Verfahren, in denen sich Bürgerinnen und Bürger treffen können, um kultiviert zu streiten.
Dabei ist die politische Debatte einer der zentralen Punkte einer Demokratie. Wenn wir nicht mehr miteinander reden und unterschiedliche Meinungen zulassen können, bedroht dies das politische System. Wie kommen wir wieder ins Gespräch?
Streit ist wichtig – ein dickes Fell auch
Streit gehört zur Demokratie dazu: Schließlich geht es darum, einen Kompromiss auszuhandeln, der alle unterschiedlichen Interessen berücksichtigt. Oft geht es dabei um die Verteilung von Ressourcen oder die eigenen Lebensumstände, also um wichtige Dinge.
Entsprechend heftig werden Debatten geführt. Deswegen brauche man für politische Streitgespräche ein dickes Fell.
Debatten möglichst nicht verweigern
Streit ist also nicht per se schlecht, sondern notwendig. Verweigert man aber eine Debatte und zieht sich schweigend auf seine eigene Position zurück, ist das für das Gegenüber verletzend. Für die Demokratie viel schlimmer ist, dass der notwendige Austausch bereits gescheitert ist.
Wenn wir Kooperation schrittweise aufkündigen, zum Beispiel, indem er dem anderen nicht mehr zuhören wollen, weggucken oder ihm gar das Wort verbieten möchten, dann ist das eine Form von sprachlicher Verletzung, weil wir den anderen sukzessive ausgrenzen. Niemand möchte gern ausgeschlossen sein.
Keine Position leichtfertig moralisch tabuisieren
Auch politische Debatten sollten als Dialoge gesehen werden. Das bedeutet: Sie sollten auf Augenhöhe geführt werden. Dazu gehört es, keine anderen Meinungen per se zu tabuisieren.
Statt also Widerspruch zu verhindern, sollte man zum Widerspruch einladen. Denn genau darum geht es in einer politischen Debatte.
Die Argumente ernst nehmen
Was im Privaten gilt, ist auch bei jeder politischen Debatte notwendig: Dem anderen zu signalisieren, dass man zuhört und versucht, seine Argumentation zu verstehen. Das ist auch möglich, wenn man dessen Sichtweise nicht teilt.
Auch zu versuchen, sich in den anderen hineinzuversetzen, kann hilfreich sein. Im politischen Diskurs gelinge das allerdings nur selten, sagt der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Vogel. Es fehle dafür oft einfach die Zeit und Gelegenheit.
Auf Beleidigungen und verletzende Äußerungen verzichten
In politischen Debatten kann engagiert gestritten werden. Aber es sollte Grenzen geben. Es sollte selbstverständlich sein, dass sich Niederschreien, Beleidigungen, Demütigungen oder die Androhung von körperlicher Gewalt verbieten. Auch Gewaltaufrufe sind tabu.
Personen und Personengruppen abzuwerten oder zu dehumanisieren, indem man sie beispielsweise als Ratten, Schweine oder Migrantenschwemme bezeichnet, verbietet sich ebenfalls. Ein solcher öffentlicher Sprachgebrauch begünstigt Gewalt. Ein Mechanismus, der aus der NS-Zeit bekannt ist.
Sich Zeit fürs Nachdenken nehmen
Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, um Argumente nachzuvollziehen, sie zu prüfen, darüber nachzudenken und sie neu abzuwägen. Das kommt aus Sicht des Soziolinguist Friedemann Vogel oft zu kurz.
Deswegen findet er: „Wir brauchen auch die institutionellen Rahmen und Verfahren, in denen sich Bürgerinnen und Bürger treffen können, um kultiviert zu streiten.“
lkn