Politiker und Bürgerrechtler Thomas Krüger

"Politische Bildung ist immer normativ"

33:56 Minuten
Thomas Krüger sitzt auf einem Podium und blickt in das Publikum, dabei hält er sich die linke Hand an die Wange.
Aus Nazis sollen Demokraten werden: Dafür soll die Bundeszentrale für politische Bildung sorgen, deren Präsident Thomas Krüger ist. © Picture Alliance / dpa / Sören Stache
Moderation: Gisela Steinhauer |
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Man kennt ihn als vollbärtigen DDR-Bürgerrechtler und auch als nackt posierenden SPD-Politiker. Jetzt ist der studierte Theologe und ehemalige Vikar Thomas Krüger seit fast 20 Jahren Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung.
Als Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung pendelt Krüger seit dem Jahr 2000 zwischen Bonn und Berlin. Entstanden als Folge einer Forderung der Alliierten zur "Demokratie-Erziehung" der deutschen Bürger, arbeitet diese Behörde seit 1952 an der Festigung der demokratischen Werte der Bundesrepublik.
"Es ging bei der politischen Bildung salopp gesagt darum, aus Nazis Demokraten zu machen", sagt Thomas Krüger. Diese Arbeit sei auch heute noch wichtig und normativ, wenn auch unter anderen Vorzeichen, zum Beispiel, was den Stellenwert der Grundrechte betrifft.

Meinungsfreiheit ist Krüger wichtig

Thomas Krüger liebt das Grundgesetz, weil es ihm Freiheitsrechte einräumt, die er so in der DDR nicht hatte. Das Grundgesetz als Recht auf seiner Seite zu wissen, befreie einen, in Diskussionen zu gehen, etwas zu riskieren und Gesellschaft mitzugestalten:
"Der mir wichtigste Grundgesetzartikel ist die Meinungsfreiheit. Und das heißt nicht nur, dass man Freiheit für die eigene Meinung hat, sondern dass man auch die Meinungsfreiheit anderer in der Gesellschaft respektieren und achten muss."
Krüger ist wichtig, dass politische Inhalte auch über die Schulzeit hinaus vermittelt werden können. Gerade um der Gefahr des Rechtsextremismus erfolgreicher entgegentreten zu können, müsse man auch bei Berufstätigen und Auszubildenden ansetzen.

Von Haus aus Sozialdemokrat

Sein politisches Bewusstsein bringt der 1959 im thüringischen Buttstädt geborene Krüger bereits aus dem Elternhaus mit. Seine Mutter brachte als Westberlinerin ihre eigene, sozialdemokratisch geprägte Perspektive mit, der Vater sah als Pfarrer die DDR-Regierung ebenfalls kritisch:
"Aber das war nicht so einfach, das in der DDR laut zu sagen, und ist deshalb sehr informell, hinter vorgehaltener Hand im Nachbarschaftskreis kommuniziert worden. Aber die Offiziellen wussten natürlich, dass diese Familie jetzt nicht gerade auf Linie war."
Krüger nahm in jungen Jahren wahr, dass Werte und Grundrechte, wie sie zum Beispiel im West-Fernsehen auftauchten, so in seiner Heimat nicht existierten. Als Musiker einer Punkband, als junger Vikar und als freiwilliger Stimmenzähler bei DDR-Wahlen (deren Fälschung er dadurch nachweisen konnte) engagierte sich Krüger für eben diese Grundrechte und Freiheiten.
So lag es auf der Hand, dass Krüger und viele seiner Mitstreiter der Bürgerrechtsbewegung bei den Protesten zur Wendezeit in erster Linie nicht an die Wiedervereinigung dachten: "Das Ziel war schon erst mal eine demokratische DDR."

Ehrliche Haut mit Bart

Krüger gründete am 7. Oktober 1989 die SDP, die Sozialdemokratische Partei der DDR, mit: "Diese Grundwerte der Sozialdemokratie haben mir immer gelegen und mit denen hab' ich mich immer identifiziert, auch wenn ich ehrlich gesagt in den 80er-Jahren eher Sympathie für die revoltierenden Grünen im Bundestag hatte."
Auch ästhetisch hätten diese ihn eigentlich mehr angesprochen: "Ich hatte einen Vollbart und sah aus wie ein russischer Anarchist des vorigen Jahrhunderts." Trotzdem blieb er nach der Wiedervereinigung bei der SPD, für die er unter dem Titel "Eine ehrliche Haut" auch mal mit kaum mehr als seinem Vollbart bekleidet Werbung machte.
Nicht nur als Sozialdemokrat hat Krüger die üblichen Normen gesprengt, auch als praktizierender evangelischer Christ fällt er gelegentlich aus dem Rahmen: So haben seine Frau und er in einer die Weltreligionen vereinenden Bahai-Zeremonie geheiratet. "Wir haben in unserem Land Religionsfreiheit. Und das war für mich überhaupt keine Frage, das zu respektieren heißt eben auch, an dieser anderen Religionsausübung teilzuhaben."
(mah)
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