Politikertypen früher und heute

"Absolute Monarchen waren in der Regel bescheidener"

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban empfängt den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Budapest. Beide schütteln sich die Hand.
Russlands Präsident Putin zu Besuch bei Ungarns Ministerpräsident Orban - wie absolutistisch regieren diese Politiker? © afp/ Alexey Druzhinin
Leonhard Horowski im Gespräch mit Dieter Kassel |
Größenwahnsinn wird gerne absolutistischen Herrscher zugeschrieben. Doch die seien im Gegensatz zu autoritären Politikern vom Typ Trump oder Erdogan regelrecht "beratungsgierig" gewesen, sagt der Historiker Leonhard Horowski. Trump & Co. seien rücksichtsloser.
Den berühmten Satz "L’Etat c’est moi", "Der Staat bin ich", den hat US-Präsident Donald Trump nie benutzt - aber er würde gut zu ihm passen. In der westlichen Welt gibt es mittlerweile einige Staatsführer, denen man absolutistische Regierungsformen vorwerfen könnte, zum Beispiel in Russland, Ungarn und der Türkei.
Doch wie sinnvoll sind überhaupt solche Vergleiche zwischen absolutistischen Herrschern und den Regierungschefs von heute? Der Historiker Leonhard Horowski ist Autor des morgen erscheinenden Buches "Das Europa der Könige: Macht und Spiel an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts". Das umfangreiche Werk ist für den Sachbuch-Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Donald Trump sagt: "Der Staat muss weg"

Im Deutschlandradio Kultur beschrieb Horowski das Persönlichkeitsprofil von Trump. Er sage nicht "Der Staat bin ich", sondern "Der Staat muss weg". Diese Haltung beruhe auf der Staatsfeindlichkeit des amerikanischen Konservatismus:
"Das Problem ist, dass Trump aus einer dynastischen Idee kommt. Und seine eigene Familie im Grunde behandelt wie ein Königshaus. Und deswegen jetzt - wo der Staat nach seinem Verständnis ihm gehört, wie ein Unternehmen - wahrscheinlich sehr gerne so regieren würde. Und er hat ja auch die Feinheiten der Gewaltenteilung noch nicht so richtig begriffen."
Die meisten autoritären Politiker vom Typ Trump oder Erdogan seien "absolute und radikale Selfmademan", sagt Horowski. Sie hätten sich "nach oben boxen" müssen und seien deshalb oft rücksichtsloser und rabiater. Trumps sei in eine reiche Familie hinein geboren worden, die sich als Dynastie verstehe:
"Und da ist es faszinierend zu sehen, wie er an die Macht gekommen ist: Weil das quasi die Krönung seines persönlichen und dynastischen Aufstiegs sein soll – ohne dass er sich eigentlich für Politik interessiert. Und nun muss der regieren. Und das ist in der Tat vergleichbar mit einer ganz großen Zahl absoluter Monarchen. Nur dass die in der Regel bescheidener waren."

Das Selbstbild absolutistischer Herrscher

Ein absolutistischer Herrscher habe ein bestimmtes Selbstbild, betont Horowski. Er müsse im Vergleich mit dem modernen, demokratisch gewählten nicht unbedingt der "Größenwahnsinnigere" sein. Denn der absolute Monarch des 17. Und 18. Jahrhunderts habe gewusst, dass er nicht wegen einer persönlichen Qualität, sondern wegen seiner Abstammung zum Herrscher geworden sei:
"Wenn er einigermaßen vernünftig ist, ist ihm klar, dass es im Land talentiertere und fähigere Leute gibt als ihn. Und dass er sie vielleicht konsultieren sollte. Wer heute in einer Demokratie an die Macht kommt, ist gewählt worden und hat es sozusagen amtlich, dass die Leute ihn für den tollsten halten. Und da kommen selbst kluge und reflektiere Menschen schneller in die Versuchung zu glauben, dass sie dann eben der Klügste und der Tollste sind."

"Beratungsgier" statt Beratungsresistenz

Absolutistische Herrscher seien meistens regelrecht "beratungsgierig" gewesen, sagt der Historiker. Sie hätten früh gelernt, dass ihr Erbe kein großes Machtgeschenk, sondern vielmehr eine furchtbare Bürde sei:
"Und deswegen waren sie häufig nur zu froh, wenn sie die Staatsgeschäfte delegieren konnten an jemanden, dem sie vertrauten. Weil sie selber eben den Verdacht hatten, nicht alles unbedingt zu durchschauen."


Leonhard Horowski: "Das Europa der Könige: Macht und Spiel an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts"
Rowohlt Verlag, Reinbek 2017
1120 Seiten, 39,95 Euro

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