"Merkel hat den Zenit ihrer Macht überschritten"
Im Asylstreit der Union gibt es keine Gewinner, sagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel: "Es könnte sein, dass beide Parteien am Ende als Verlierer dastehen." Um des Machterhalts willen werde die Koalition wohl weiterarbeiten.
Im Asylstreit zwischen CDU und CSU gibt es erstmal einen Aufschub. Einen Gewinner in dem Zwist gibt es aber nicht, glaubt der der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel vom Wissenschaftszentrum Berlin:
"Ich sehe eher Verlierer, es könnte sein, dass beide Parteien am Ende als Verlierer dastehen.
Angela Merkel kann ich mir gegenwärtig überhaupt nicht vorstellen als Punktsieger. Es ist völlig unvorstellbar, dass sie das erreicht, was sie ankündigt, nämlich eine europäische Lösung auch nur in Konturen aufscheinen zu lassen, da fehlen ihr die Partner mehr denn je."
Der Innenminister setzt der Kanzlerin eine Frist. Was ist das für ein Signal?
"Es zeigt, dass Merkel im Grunde mit ihrem schlechten Wahlergebnis sichtbar den Zenit ihrer Macht überschritten hat. Sie liefert auch nicht in den ersten 100 Tagen dieser Regierung, die Probleme werden drängender. Da zeigt sich, dass eine Partei wie die CSU in dieser Frage fest seit je her steht, man muss diese Position nicht einnehmen – ich nehme sie nicht ein – aber man muss sagen, dass hier konsequent nach den Prämissen gehandelt wird, die die CSU ihren Wählern immer genannt hatte."
Zuspitzung war erwartbar
Die Zuspitzung des Streits sei auch erwartbar gewesen, so Merkel:
"Angesichts des Wahlkampfes in Bayern muss die CSU Flagge zeigen, sonst wird sie unglaubwürdig."
Es sei für die Kanzlerin aber auch nicht ratsam, die Union mit der CSU aufzukündigen, denn dann würde nicht nur die Koalition platzen, sondern auch die Konflikte innerhalb ihrer eigenen Partei aufbrechen.
"Ein fortdauernder geschwisterlicher Zwist"
Die Koalition werde vorerst weiter bestehen, glaubt Merkel:
"Die Koalition muss weiter arbeiten, dass sich das zugespitzt hat, das ist ein Verschulden von beiden Seiten und ist zurückzuführen auf den Machtverlust der Kanzlerin. Ich meine schon, dass wir hier letztendlich rationale Akteure sehen und rationale Akteure sind am Machterhalt doch stark interessiert. Und beide Parteien wissen, dass sie keine andere Alternative gegenwärtig haben.
D.h. man wird zusammen arbeiten, aber das wäre sicherlich keine geschwisterliche Liebe, das wäre ein fortdauernder geschwisterlicher Zwist. Wenn hier keine Lösungen am Horizont auftauchen, dann wird es in der weiteren Legislatur erhebliche Probleme für die Regierung geben, wir wissen längst nicht, dass diese Regierung die ganze Legislaturperiode durchhält."