Deutsches Filmfest in Ankara verboten
Allmählich scheint die Stimmung in der Türkei zu kippen: Hetze und Übergriffe häufen sich, die Behörden greifen nur mit wenig Nachdruck durch. Jetzt wurde in Ankara ein deutsches Filmfest für Lesben, Schwule und Transsexuelle verboten. "Es sind schon sehr schwere Zeiten für die Künstler", meint unsere Korrespondentin Susanne Güsten.
Eigentlich sollte heute in Ankara ein Filmfest für Lesben, Schwule und Transsexuelle eröffnet werden, doch der Gouverneur verbot die Veranstaltung kurzfristig. Es hieß, man befürchte Angriffe auf die Betreiber des Kinos und die Besucher der Filmtage. Er sprach von "gesellschaftlicher Sensibilität" gegenüber Homosexuellen und Intersexuellen bzw. Filmen, die die Lebenswirklichkeit dieser Personen abbilden - das Wort Phobie oder Verachtung benutzte er nicht.
Ging es eher um die Deutschen?
Die deutsche Botschaft reagierte mit dem Aufhängen einer Regenbogenfahne an ihrer Außenfassade als Zeichen der Solidarität mit jenen, die nun kein Forum finden. War es illusorisch zu glauben, man könne in Ankara Filmtage mit und für sexuelle Minderheiten veranstalten? "Das wäre vor wenigen Jahren noch selbstverständlich gewesen", sagt die Journalistin Susanne Güsten. Die deutsche Botschaft habe sich hier an einer Vorveranstaltung eines größeren Festivals beteiligen wollen, das im Januar wieder stattfinden soll, erzählt Güsten. "Das Hauptfestival läuft seit Jahren immer ohne Probleme. Da drängt sich der Verdacht auf, dass es hier weniger um die Schwulen ging, als vielmehr um die Deutschen." Die Deutschen wollten "perverse Filme" in Ankara zeigen, hatten regierungsnahe Zeitungen schon seit Tagen in den Sozialen Netzwerken geätzt.
Auf deutscher Seite hatte man gehofft, man könne durchatmen, was die deutsch-türkischen Beziehungen anginge, meint Güsten, nachdem sich die Außenminister auch gerade getroffen hatten. "Es schien so zu sein, als wäre jetzt mal wieder ein bisschen Entspannung angesagt nach all der Eskalation der letzten Monate." Doch wenn es wirklich um mögliche Gefahren gegangen wäre, hätte man auch mit den Deutschen Kontakt aufnehmen können, meint sie. Und die Deutschen hätte auch sofort angebissen, kritisiert sie.
Dabei sei es der Kunst in der Türkei noch nicht so sehr an den Kragen gegangen, sagt Güsten. Doch gäbe es bereits Hetze in den Sozialen Medien und auch immer mal wieder Angriffe auf Ausstellungen und die Behörden gingen nicht gerade entschieden dagegen vor: "Es sind schon sehr schwere Zeiten für die Künstler, die da arbeiten, aber man hört auch immer wieder von Künstlern, es sind auch unglaublich produktive Zeiten." Auch deshalb habe eine Rekordzahl an türkischen Künstlern an der Istanbul Biennale teilgenommen.