Politisches Theater

Regisseur Milo Rau versucht jungen Dschihadisten auf die Spur zu kommen

Der Schweizer Theatermacher Milo Rau im Oktober 2012 vor einer Lesung von "Breiviks Erklärung" in Weimar
Milo Rau, Theatermacher aus der Schweiz © dpa / Michael Reichel
Von Susanne Burkhardt |
Der Theatermacher Milo Rau sorgt mit Re-Eenactment-Stücken über Nicolae Ceaușescu oder Utoya-Attentäter Breivik immer wieder für Aufsehen. Seine neueste Produktion handelt von jungen Männern, die als islamistische Kämpfer im syrischen Bürgerkrieg anheuern.
Wer sind die jungen Männer, die aus Europa in den Nahen Osten gehen, um dort als Dschihadisten Krieg zu führen? Was treibt sie? Diese Fragen stellen sich angesichts der aktuellen Nachrichten und Bilder viele. Milo Rau traf auf der Suche nach Antworten belgische Salafisten und ihre Familien.
Verlorene Väter - verlorene Überzeugungen
In Zürich lässt er jetzt vier Schauspieler auf der Bühne erzählen: Geschichten aus ihrer Jugend, von ihren Vätern. Davon, wie sie sich von Ihnen losgesagt haben. Was bedeutet für sie Glaube? Was Revolution? Welche politischen Überzeugungen vertreten Sie? Welche haben sie verloren? In Ihren Erzählungen tauchen Themen auf, über die Milo Rau auch mit den Salafisten sprach: Extremismus, Verzweiflung und das Fehlen von Vaterfiguren.
Überlebensgroß sind die vier Akteure auf einer Filmleinwand und davor real zu sehen. In einer Lecture-Performance, auf einer wohnzimmerähnlichen Bühne, inszeniert Milo Rau entlang der Biografien der vier Akteure die Bestandsaufnahme einer Gesellschaft im Umbruch. Die aktuelle Geschichte Europas: konzentriert gespiegelt in sehr persönlichen Erzählungen. Der Einzelne – hier Johan Leysen – stellvertretend für die Gedanken oder Ängste vieler:
Sein persönlichstes Stück bisher
"Wir kommen alle von dort oben – wir sind alle Außerterrestrische. Das Leben ist nicht aus einer Suppe von Aminosäuren entstanden – einfach so – zufällig. Es gibt keinen Zufall. Das Leben ist vorbestimmt – gewünscht, ersehnt, bestellt – programmiert von einer festgelegten Intelligenz."
"The Civil Wars" sei - so Rau – sein persönlichstes Stück bisher. Die Vorraufführungen in Brüssel, zum Auftakt der Europa-Trilogie begeisterten das Publikum. Zitat aus 'Libération': "Eine hinreißende politische Psychoanalyse".
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