Thorsten Faas, geboren 1975 in Idar-Oberstein, ist ein deutscher Politikwissenschaftler und Wahlforscher. Er ist Universitätsprofessor im Bereich "Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Faas ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft und des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Wahlforschung.
"Da braut sich schon etwas zusammen"
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Eine Entfremdung zwischen jungen Leuten und den Parteien beobachtet der Berliner Politologe Thorsten Faas. Er ist gespannt, wie nachhaltig die Freitags-Proteste für mehr Klimaschutz in deutschen Städten sein werden.
In vielen deutschen Städten sind heute wieder tausende junge Leute für mehr Klimaschutz auf die Straße gegangen. Inzwischen werden ihre Proteste auch von prominenten Wissenschaftlern unterstützt. An der Seite von "Fridays For Future" taucht jetzt eine Initiative mit dem Titel "Scientists4Future" auf. Sie soll in einigen Tagen offiziell vorgestellt werden. Unter den Unterzeichnern sind prominente Namen aus allen Disziplinen, darunter Hans-Joachim Schellnhuber, Claudia Kemfert, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Eckart von Hirschhausen, Barbara Praetorius, Dirk Uwe Sauer und Sven Plöger.
Das in der Politik geäußerte Verständnis für die Proteste sei ein wenig wohlfeil, kritisierte der Berliner Politikwissenschaftler Thorsten Faas, im Deutschlandfunk Kultur. "Denn natürlich sind das auch, wenn wir an die Kanzlerin denken, handelnde Personen." Sie könnten mehr tun, als nur zu sagen, dass das Engagement der Schüler und Schülerinnen toll sei. Es gehe schließlich nicht nur um Symbolpolitik, sondern um konkrete Maßnahmen. "Insofern darf man gespannt sein, wie nachhaltig diese Demonstrationen sein werden." Es sei schwer, so eine hohe Zahl von Demonstrierenden langfristig zu mobilisieren.
Parteien und Jugend
Mit Blick auf die demographische Entwicklung hätten es jungen Menschen schwer. Sie seien schon von ihrer Anzahl her keine wahlentscheidende Gruppe. Menschen über 50 Jahren seien für die Parteien kurzfristig wichtiger. Es stelle sich aber die Frage, wie die Interessen der nachwachsenden Generationen eigentlich berücksichtigt würden.
Zum Verhältnis von Parteien und Jugend sagte Faas, dass der "Schulz-Hype" vor zwei Jahren in der SPD gezeigt habe, dass damals auch viele junge Leute eingetreten seien. "Wenn sich denn junge Menschen auf den Weg machen in Parteien hinein, haben sie beste Chancen, weil sie einfach nicht sehr viele seien." Das führe dazu, dass man sie sicherlich mit offenen Armen empfange.
Neue Themen
Allerdings seien die Themen, die junge Leute mobilisierten, für die Parteien oft schwierig, sagte Faas. Oft gehe da einen Riss durch die Parteien. Zum Klimawandel oder zu Uploadfiltern fänden sich in SPD und CDU beispielsweise einander widersprechende Positionen. "Da braucht es entweder neue Parteien, der Weg ist weit", sagte der Politologe. "Oder es gibt so eine Entfremdung, dass man sagt, ich finde einfach gerade keine Partei, die meine Position an der Stelle glaubwürdig vertritt."
Starke Reflexe
Es sei aber noch die Frage, ob sich da gerade eine neue Generation mit neuen Themen herausbilde. Er beobachte eine gewisse Entfremdung, weil den Politikern die Lebenswirklichkeit junger Leute wenig vertraut sei, sagte Faas. So fehle das Gefühl, was beispielsweise "YouTube" heute für das Leben junger Leute bedeute und wie integral das im Alltag präsent sei. Schon der Eindruck, da werde Zensur ausgeübt und das Leben junger Menschen eingegriffen, löse starke Reflexe dagegen aus. "Da braut sich schon etwas zusammen."
(gem)