Große Koalition gerät in schwieriges Fahrwasser
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SPD-Politikerin Andrea Nahles hat ihren Rückzug vom Partei- und Fraktionsvorsitz angekündigt. Nun herrsche eine "Schockstarre", sagt Politologe Thorsten Faas. Was die Partei wolle, sei "völlig unklar". Auch die Zukunft der Regierungskoalition sei ungewiss.
Seit Wochen wurde Andrea Nahles als Fraktionsvorsitzende und Parteivorsitzende der SPD innerparteilich kritisiert, in den Medien über ihren Rücktritt spekuliert. Nun, da sie ihren Rückzug von beiden Ämtern angekündigt hat, scheint eine "gewisse Schockstarre" zu herrschen, meint Politikwissenschaftler Thorsten Faas.
"Tatsächlich hat Andrea Nahles offenkundig alle überrumpelt mit diesem Schritt." Es herrsche keine Klarheit, wie es jetzt weitergehen soll. "Man weiß, was man nicht will. Aber was man eigentlich will, scheint derzeit wirklich völlig unklar."
"Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist", begründet Andrea Nahles in ihrem Schreiben an die SPD-Mitglieder ihre Entscheidung.
Ein "unglaubliches Maß an Verbitterung"
"Da klingt ein unglaubliches Maß an Verbitterung, persönlicher Ernttäuschung heraus", meint Faas. "Man merkt daran, wie schwierig, wie verfahren die Situation in der SPD ist" – auch im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen (am 1. September 2019). Bis dahin könne es der oder dem Nachfolger von Andrea Nahles kaum gelingen, die Partei zu erneuern.
Generell bezweifelt Faas, dass der Wechsel an der Partei- und Fraktionsspitze die Sozialdemokraten aus dem derzeitigen Umfragetief herausführen kann: "Wenn ein einfacher personeller Wechsel an der Spitze alle Probleme der SPD lösen würde, dann hätten wir die Probleme schon lange gelöst." Schließlich hätte die Parteispitze schon des Öfteren gewechselt, die SPD sei von "sehr unterschiedlichen Typen" geführt worden.
Rückhalt für Große Koalition schwindet
Mit Nahles Rücktritt gerate auch die Große Koalition in schwieriges Fahrwasser. Angesichts der Tatsache, dass es der SPD bisher nicht gelungen sei, innerhalb der Koalition Glaubwürdigkeit und ein eigenes Profil zurückzugewinnen, gebe es bei den Sozialdemokraten kaum Befürworter der Regierungskonstellation: "Es scheint mir vor allem so eine Stimmung gegen die Große Koalition zu sein, die sich da verfestigt."
(dpa/afp/lkn)