Polnisches mit europäischer Dimension

Karol Szymanowski bot in diesem Jahr gleich zweifach Anlass, ihn zu feiern – im März 70. Todestag und im Oktober 125. Geburtstag. So ist er in den Programmen der Saison häufiger vertreten, erst recht in seinem Heimatland. Der Polnische Rundfunk hat gleich ein ganzes Konzert mit Werken des Jubilars veranstaltet, dessen oberstes Ziel es war, Musik zu schreiben, die ihre Wurzeln nicht verleugnen und trotzdem euroweit wahrgenommen werden sollte.
Chopins Karriere war ihm Vorbild. In seinen ersten Klavierwerken ist auch die stilistische Anlehnung nicht zu überhören. Durch Reisen innerhalb Europas, aber auch bis Nordafrika kam Szymanowski in Kontakt mit fremden Kulturen, die seine Weltsicht veränderten und Spuren in seinen Werken hinterließen. In seiner Oper "König Roger" prallen christlich-byzantinische, griechisch-antike und indisch-orientalische Glaubens- und Moralvorstellungen aufeinander, die ihre adäquate musikalische Umsetzung finden. Szymanowski hat sich ein buntes Spektrum an musikalischen Farben geschaffen, eine Symbiose aus französischer und russischer Moderne, die mitunter als polnischer Impressionismus bezeichnet wird und wie bei Skrjabin bis an die Grenzen der Tonalität geht.
Die Konzertouvertüre, uraufgeführt 1906, ist Szymanowskis erstes größeres Orchesterwerk. Zehn Jahre später entstand das 1. Violinkonzert, angeregt vom Geiger Pawel Kochanski, der ihm auch bei der Gestaltung des Soloparts half. Wie Szymanowski gehörte er zu der verschworenen, zum Teil verwandten Gruppe von jungen Musikern, die Warschaus Musikleben revolutionieren wollten. Die geplante Uraufführung 1917 in St. Petersburg musste wegen beginnender revolutionärer Aktionen abgesagt werden und fand erst 1922 in Warschau statt.
Die 4. Sinfonie, die "Concertante" war am 9. Oktober 1932 in Posen erstmals zu hören. Sie folgt dem Formschema, wie es im 18. Jahrhundert entwickelt wurde. Das Werk heißt zwar Sinfonie für Klavier und Orchester, lässt aber auch andere Instrumente wie Flöte, Horn, Fagott und Posaune solistisch hervortreten. Der letzte Satz ist ein Kujawiak, ein stilisierter polnischer Volkstanz, ähnlich der Mazurka.


Witold Lutosławski Konzerthalle Warschau
Aufzeichnung vom 1.10.2007

Karol Szymanowski
Konzertouvertüre E-Dur op. 12
Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 op. 35
Sinfonie Nr. 4 für Klavier und Orchester B-Dur op. 60 ("Sinfonia concertante”)

Sergej Stadler, Violine
Henri Sigfridsson, Klavier
Nationales Polnisches Rundfunksinfonieorchester Warschau
Leitung: Kazimierz Kord