Ponchiellis Oper "I Lituani" in Vilnius

Das Spiel von Fuchs und Löwe

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Hochkonzentriert auch in den Pausen - die Damen des Staatschors Kaunas bei der Aufführung der Ponchielli-Oper "I Lituani" am 5.9.20 in der Nationalphilharmonie Vilnius © Dmitrij Matvejev/EBU/LTR
Moderation: Volker Michael |
Einst galt Amilcare Ponchielli als würdiger Nachfolger Giuseppe Verdis - seine Oper "Die Litauer" begründete seinen Ruhm. In Vilnius hat die Nationalphilharmonie mit Solisten und dem Staatschor Kaunas das beeindruckende Werk wieder ausgegraben.
Giuseppe Verdis Zeitgenosse Amilcare Ponchielli hat ein Epos über das mittelalterliche Litauen in eine große Oper verwandelt und damit seinen Ruhm begründet, der zeitweise den von Verdi überstrahlte. Die Litauische Nationalphilharmonie feierte mit einer konzertanten Aufführung dieses vormals vergessenen Werkes ihr 80-jähriges Bestehen. Und die Saisoneröffnung in schwierigen Corona-Zeiten. Die Aufführung im ausverkauften Großen Saal der Nationalphilharmonie Vilnius war ein seltenes Ereignis. Der famose Staatschor Kaunas war voll gefordert, denn der Chor ist quasi die Hauptperson in dieser Oper mit fünf Solo-Figuren.
Die Solisten und der Dirigent der Aufführung der Ponchielli-Oper "I Lituani" am 5.9. in der Nationalphilharmonie Vilnius
Die Solisten und der Dirigent der Aufführung der Ponchielli-Oper "I Lituani" am 5.9. in der Nationalphilharmonie Vilnius© Dmitrij Matvejev/EBU/LTR
Die Oper Ponchiellis basiert auf Adam Mickiewiczs Epos "Konrad Wallenrod". Als Beigabe zitiert Mickiewicz Machiavelli: Es gäbe zwei Arten zu kämpfen, als Fuchs und als Löwe. Konrad Wallenrod, der Litauer, der zum Hochmeister des Deutschritterordens gewählt wird wegen seiner Tapferkeit und seiner Erfolge im Kampf gegen die Ungläubigen, verkörpert die Fuchs-Strategie des Kampfes. Indem er sich dem Feind anpasst und in dessen Lager hineinwächst, erhält er die Gelegenheit, diesen übermächtigen Feind von innen zu zerstören. Diese Ideen waren von großer Bedeutung für die Italiener, denn Ponchielli, der im Auftrag des Verlagshauses Ricordi schrieb, komponierte seine Oper in der Zeit des Einigungsprozesses Italiens.
Die Mitwirkenden der Aufführung der Ponchielli-Oper "I Lituani" am 5.9.20 in der Nationalphilharmonie Vilnius
Die Mitwirkenden der Aufführung der Ponchielli-Oper "I Lituani" am 5.9.20 in der Nationalphilharmonie Vilnius© Dmitrij Matvejev/EBU/LTR
Die Handlung ist komplex und ein wenig verwirrend, denn es gibt doppelte Gestalten und verdecktes Agieren. Konrad ist eigentlich Walter, der seiner Geliebten Aldona geschworen hat, er werde erst wiederkehren, wenn er die Litauer gerächt haben würde. Wie er die Deutschritter, die blutigen Missionare Nordosteuropas, bekämpfen würde, bleibt sein Geheimnis. Doch schnell, schon im ersten Akt, bemerkt das Publikum der Oper: Konrad Wallenrod ist dieser Walter, seine Geliebte kommt als Nonne in den Hof der Marienburg, ihr Bruder, Prinz Arnold, ebenfalls ein Litauer, als Gefangener. Die deutschen Ritter ahnen nichts, denn sie verstehen kein Litauisch.

Jungfrauen des Paradieses singen ein Lied

Auch als Aldona und Arnold - als Barden verkleidet - den Rittern das Feiern, Saufen und Huren verleiden, indem sie traurige Epen über Litauens Schicksal anstimmen, merkt noch kaum einer etwas. Erst im dritten Akt, als die eigentlich überlegenen Deutschritter von den Litauern geschlagen werden, stellt sich heraus. dass ihr eigener Hochmeister, Konrad, sie ausgeliefert hat. Sein Tod ist beschlossene Sache. Konrad kommt dem zuvor, indem er Gift trinkt und noch in den Armen seiner Geliebten Aldona sterben kann. Die litauischen Jungfrauen des Paradieses singen dem Helden ein strahlendes Lied und geleiten ihn in die Unsterblichkeit.
Was für eine erhebende Oper! Erstaunlich nur, dass sie bis 1979 ungespielt blieb und auch heute noch ein Repertoireunikum ist. Warum das so ist, ist nach dieser beeindruckenden Aufführung in Vilnius erst recht unverständlich.
Litauische Nationalphilharmonie Vilnius
Aufzeichnung vom 5. September 2020
Amilcare Ponchielli
"I Lituani", Oper in einem Prolog und drei Akten
Libretto: Antonio Ghislanzoni nach Adam Mickiewiczs "Konrad Wallenrod"

Aldona - Jūratė Švedaitė-Waller, Sopran
Walter/Corrado - Mickael Spadaccini, Tenor
Vitoldo - Arūnas Malikėnas, Bariton
Arnoldo - Modestas Sedlevičius, Bariton
Albano - Tadas Girininkas, Bass
Staatschor Kaunas
Litauisches Nationales Symphonie-Orchester
Leitung: Modestas Pitrėnas

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