Musiker für und gegen Putin
Am 18. März ist Wahltag in Russland. Musiker sorgen im Vorfeld für patriotische Stimmung - darunter auch Stars aus der Hip-Hop-Szene. Der Leningrad-Frontmann Sergej Schnurow hält dagegen mit Songs wie "Kandidat" und plant selbst: nicht zu wählen.
Gleich betritt der Präsident die Bühne inmitten des Moskauer Stadions Luschniki. Jetzt schon sorgen populäre Musiker, die jeder kennt, für eine patriotische Stimmung.
Wärmen mit guter Laune
Grigorij Leps zelebriert seinen Song "Самый лучший день" (Der beste Tag). Kein besonders politischer Inhalt – aber er wärmt mit guter Laune. Zu seiner Musik umarmen sich Fans im Stadion und singen lauthals mit. Leps ist mit seinen 55 Jahren einer, der vom Verteidigungsministerium unter anderem eine Auszeichnung bekommen hat für ein Konzert, das er in Syrien vor russischen Soldaten gegeben hat.
"Bald, am 18. März, ist in unserem Land ein ganz wichtiger Tag, der Wahltag. Ich wähle einen starken Präsidenten, ich wähle Putin."
Kontakte zur Hip-Hop-Szene
Ausgerechnet im Land des erklärten Gegners, in Los Angeles, hat ein weiterer Musiker, Timati, prägende Kontakte in der Hip-Hop-Szene erfahren, bevor er in Russland einer der bekanntesten jüngeren Musikstars wurde. Timati, dunkler Bart, Cappy und Tattoos, ist ein Jugendidol. Der heute 34-Jährige hat sein Label "Black Star" längst auf den Verkauf von Burgern und Kleidung ausgeweitet. Vor seinen Läden an einem Moskauer Innenstadtboulevard bilden sich regelmäßig lange Schlangen. Er, Grigorij Leps und etliche andere treten in der gesamten Vorwahlzeit als Fürsprecher des Präsidenten auf.
"Mit mir ist gleichzeitig eine junge, ehrgeizige Generation herangewachsen, die die Zukunft unseres Landes bestimmen wird. Es ist eine starke Supermacht, auf deren Flagge man stolz sein kann. Liebe Freunde, ich möchte diejenigen sehen, die ihre Stimme für ein starkes Russland abgeben werden!"
Wahlprogramm: Wodka und Bestechung
Der Wahlkampf in Russland hat sich aber längst auch im Netz ausgebreitet. Leicht bekleidet träumen die drei Sängerinnen der Gruppe Fabrika von einer Hochzeit mit "Wowa, Wowa", das ist ein Kosename für Wladimir. Putin. Wie er angelt, seine Kraft zeigt. Der Clip, knapp eine Million mal aufgerufen, ist keine Satire.
Wider die Inszenierung setzt Leningrad seinen Song "Kandidat".
Ein Volksfest irgendwo in Russland. Der Staatsapparat hat alles hübsch eingerichtet, das Volk wird belustigt. Ein schon ziemlich betrunkener Familienvater tritt spontan auf einer Bühne auf – und rockt das Publikum – und erklärt, als Präsident kandidieren zu wollen.
Sein Programm: Wodka und Bestechung. Es ist simpel, funktioniert aber. Der Song führt viele Klischees ins Lächerlich-Komische. Leningrad-Frontmann Sergej Schnurow, langjähriger Kritiker des russischen Präsidenten, dichtet auch auf Instagram, dort voller Ironie über den im Amt vereinsamten Präsidenten Putin.
Schnurow will auf keinen Fall wählen gehen
Und auf Youtube: "Diejenigen, die im Winter in Russland geblieben sind, sollten in den Fernseher, wo der Politiker quatscht, spucken." Auf Russisch ein Reim.
Schnurow will auf keinen Fall wählen gehen. Nicht nur in seinen Augen, auch in denen des Musikers und Schauspielers Aleksej Kortnjew und anderer ist der Wahlkampf unfair verlaufen. Ein Politiker wie Aleksej Nawalnyj ist nicht zugelassen worden. Und der Präsident dominiert die politische Bühne.
Ein neues Leben im Frühling?
Und so finden sich Oppositionelle und all jene, die mit dem zur Auswahl stehenden Personal nicht viel anfangen können, vor der Frage, die der 33 Jahre junge Sänger Wassja Oblomow stellt, der aus seinen liberalen Haltungen keinen Hehl macht:
"Ich möchte im Frühling ein neues Leben beginnen. Wen soll man wählen? Die sowjetische Vergangenheit ist uns wieder lieb. Wen soll man wählen?"