Männer singen über Sex, Frauen über Liebe – oder nicht?
Frauen wollen Liebe, Männer Sex. Zumindest in der Popmusik, sagt eine aktuelle US-Studie. Jenni Zylka bezweifelt das und präsentiert Musikerinnen, die von schnellem Sex singen – und einen Sänger, der seine Potenzprobleme zum Gegenstand eines Songs macht.
"Oh komm doch / komm zu mir / du nimmst mir den Verstand / oh komm doch /komm zu mir / komm gib mir deine Hand!"
Genau, nur Händchen halten wollten sie, die Beatles, und sonst gar nichts.
Denn schließlich ging es jungen heterosexuellen Männern in den 1960ern in erster Linie um das gute Benehmen. Oder?
Danke, Austin Powers, wir benehmen uns schon. Und die Frauen, wohin wollten die denn wohl Hand in Hand mit ihrem Mann sofort gehen? Fragen wir die Dixie Cups:
"Going to the chapel / and we’re going to get married / going to the chapel and we’re going to get married / gee I really love you and we’re going to get married / going to the chapel of love!"
Genau: Endziel feste Beziehung. Legal und vom Pfarrer in der Chapel abgesegnet.
Rapper wollen nur das Eine?
Doch das hat sich über die Jahre verändert. Zwar beschwört die Popmusik immer noch größtenteils das heteronormative Zwischenmenschliche, das weist eine US-amerikanische Studie zu Popmusiktexten zwischen 1960 und 2008 nach, die jüngst im Forum Sexuality & Culture veröffentlicht wurde. Aber muss am Ende der Nacht denn unbedingt eine feste Partnerschaft stehen? Für Männer ja längst nicht mehr.
"I'm like a dog in heat, a freak without warning/I have an appetite for sex, 'cause me so horny"
Meine Güte, die scheinen es ja vor Lust kaum auszuhalten.
Stimmen die alten Rollenmuster wirklich noch?
Und auch das bestätigten die Forscher und Forscherinnen: Männer singen viel öfter über das Eine und objektivieren den Körper der Frau, während Frauen in ihren Songs vor allem die große Liebe beschwören. Das Herz, nicht den Körper. Aber - stimmt das wirklich?
Huch, die Frauen also jetzt auch plötzlich ohne Umstände auf’s Bett fixiert? Was sagt Lady Saw aus Jamaika dazu, in reinstem Patois?
"Mi want a man who make mi bed go iihh iihih iiihh"
Die will einen Mann, der das Bett zum Quietschen bringt - und keinen Verlobungsring.
Die Text für die Sängerinnen wurden von Männern geschrieben
Die Studie lässt nämlich zwei wichtige Aspekte außer Acht: Erstens wurden auch die Songtexte für Sängerinnen lange Zeit größtenteils von männlichen Autoren geschrieben – und die gestanden einer Frau ein körperliches Verlangen, das nicht an eine Beziehung gebunden war, schlichtweg nicht zu. Schließlich wurde weibliche Lust noch bis vor kurzem tabuisiert oder aus Angst gleich negiert.
Und zweitens: Popmusiktexte spiegeln die Gesellschaft – und wenn die, vor allem in der Welt des HipHops, immer noch vor Rollenklischees nur so wimmelt, Männer als permanent erregte und willige, Frauen dagegen als romantische und treue Wesen zeichnet, dann findet sich das auch in den Texten wieder. Einige Musiker sind da zum Glück schon weiter:
"It doesn't mean that I don't love you / one more try with me above you /
It's got nothing to do with anything I've had to drink / It's more to do with the way I think"
It's got nothing to do with anything I've had to drink / It's more to do with the way I think"
Eddie Argos von Art Brut singt hier über seine Potenzprobleme - den Schneid muss man erst mal haben! Vielleicht nicht unbedingt der richtige Song, um die Stimmung für die erste Nacht anzuheizen. Aber immerhin ehrlich. Antworten könnte man mit einem Stück, das den Ärger mit der Liebe und dem Sex auf den Punkt bringt: Jeannie Seelys Don’t touch me von 1966.
Hauptsache man ist danach nicht zu müde, um überhaupt noch was anzufangen.