Porridge-Bars in Berlin

Kinderbrei für Hipster

Eine Schale mit eingeweichtem Porridge aus Haferflocken steht am 27.07.2014 in Berlin auf einem Frühstückstisch
Lecker - oder...? Eine Schale Porridge auf einem Frühstückstisch. © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Von Jürgen Stratmann |
Von wegen Brei ist nur was für Kinder: In Berlin erobern Brei-Bars die Stadt und Porridge-Fertigpackungen die Supermärkte. Unser Reporter Jürgen Stratmann hat sich - nicht ganz frei von Vorbehalten - in die Porridge-Szene begeben.
Wer sich die Mühe macht, selbst einen Topf Haferbrei auf eigenem Herd zusammenzurühren, wird nach einiger Zeit dahinter kommen, warum die Schotten die blubbernde Plörre "Porridge" nennen: der Name kommt vom alten englischen Begriff für "Porree-Suppe". Wieso? Sicher, weil es kaum ein Gemüse gibt, das breiiger zerkocht als Porree – und man ahnt, welche Konsistenz den Porridge-Urvätern- und Müttern als die ideale erschien – und ja:
"Manche sagen auch zu Haferbrei 'Haferschleim' – ich find, es klingt voll eklig! Aber wenn man Hafer kocht, hat man ja dieses sämige, das ist ja das Gesunde an der ganzen Geschichte, weil es einfach für die Magenschleimhaut gut ist",
sagt Anna Schubert.
"Ich hab mit meinen Freunden Levin und Leandro den Haferkater im Jahr 2014 gegründet."

Reizvoll wie warmes Bier mit Zucker?

Haferschleim für die Magenschleimhaut! Reizvoll wie warmes Bier mit Zucker bei Erkältung, aber bei einem Besuch im "Haferkater", Deutschlands erstem reinem "Porridge-Lokal", treffe ich Leute, für die der gute alte Haferbrei offenbar eine ganz andere Bedeutung hat:
(Umfrage:) "Meine Mama hat das auch schon früher immer gemacht, besonders im Winter find ich gut, daß er warm ist – und er sättigt halt!"
Haferschleim als eine Art familiärer Urschlamm, der nicht nur den Leib, sondern auch die Seele wärmt? Er erinnert ja auch nicht zufällig an Babybrei, ähnlich war's bei den drei Porridge-Pionieren Anna, Levin und Leandro, auch sie: durch Haferbrei genährt!
"… dadurch sind wir groß und stark geworden!"

Hafer, Wasser, Salz - sonst nichts!

Wobei: Porridge ist nicht gleich Porridge. Original schottischer wird quasi nach einer Art Reinheitsgebot hergestellt: Hafer - Wasser – Salz! Sonst nichts! Wobei man – ganz wichtig - Den Hafer selber mahlen müsse! Wegen des feinen Mahlstaubs, der sich dabei bildet:
"Die ganzen kleinen Partikelchen, die mit gemahlen werden, die aber rausgefiltert werden, wenn du es kaufst im Supermarkt – die führen aber dazu, dass das bindet und dass es diese cremige, milchige Konsistenz gibt!"
Ich hab's dann probiert – und, wie gesagt: Milchig! Aber:
"Das ist nicht mit Milch!"
Jetzt bin ich mal sehr gespannt – mmmmh – da staune ich aber wirklich, ich war sehr skeptisch. Und das ist die klassische Konsistenz, oder isst man das in Schottland flüssiger?
"Wir haben uns entschieden, das ein bisschen fester zu machen, dass das ein bisschen stückig ist, so Milchreis-Konsistenz, damit man nicht ganz abgeschreckt ist."
Ein bisschen Biss muss also sein, schließlich wurde die Generation Haferberei ja mit vollkornig-knackigem Müsli groß gezogen.

Den Geschmack bringen die Extras

Habt ihr denn so ein Einsteigermodell?
"Ja, haben wir! Das ist unser Apfelkater – das ist mit Apfelmus, Walnuss und Zimt. Da kann man nicht viel falsch machen!"
Apfelmus, Nüsse, Zimt - den eigentlichen Geschmack bekommt die Masse im Grunde durch das, was oben drauf kommt: neben Nüssen Obst, Sirup. Man kann's aber auch salzig, etwa mit Rote Bete, Avocado und so weiter bekommen. Wobei die geradezu asketische Basis Wasser-Hafer-Salz - hat man nicht römische Gladiatoren mit Ähnlichem gemästet? Hafer enthält sehr hochwertige Fette, dreimal soviel wie beispielsweise Weizen, dazu Stoffe, die den Blutzuckerspiegel konstant halten – sprich: er ist nicht nur - Stichwort: Krankenkost – ziemlich gesund! Er macht auch sehr lange satt! Eigenschaften, die auch die hippe Trendsportler-Fraktion überzeugt:
"Viele essen es mit dem Hintergrund, dass sie sagen: Sie gehen zum Sport oder kommen vom Sport, wollen sich aufpushen, so auf die Powermahlzeit dann – passt ja auch rein so in den Zeitgeist!"

Damit füttert man in England die Pferde

Übrigens: Ursprünglich fand man die Idee, zerkochten Hafer zu frühstücken, auch in Great Britain eher befremdlich – in einer Haferkater-Filiale hängt ein Zitat des englischen Dichters Samuel Johnson, der einst sehr erstaunt festgestellt habe:
"Hafer ist ein Getreide, mit welchem man in England Pferde – und in Schottland Menschen füttert!"
Ja! Und dann war doch die Antwort: Darum ist Schottland berühmt für seine Männer – und England für seine Pferde.
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