Positive Bilanz

Von Carsten Beyer |
In den Berliner Messehallen ging am Freitag die PopKomm zu Ende, der größte deutsche Branchentreff für die Musik- und Unterhaltungsindustrie. Rund 800 Aussteller aus 48 Ländern hatten sich dort präsentiert. Die Veranstalter zogen eine positive Bilanz.
Die Stimmung war in diesem Jahr deutlich besser als in den vorangegangenen Jahren, nach sieben Jahren der Dürre und den teilweise geradezu katastrophalen Einbrüchen, die durch das Selber-Brennen von CDs und auch durch die illegalen Downloads aus dem Internet verursacht wurden, gab es in diesem Jahr zum ersten Mal wieder positive Vorzeichen.

Die Zahl der Aussteller hat um fast 20 Prozent zugenommen, die Stände sind auch wieder etwas üppiger geworden, also man hat zwar noch längst nicht das Niveau der Boomjahre 98/99 erreicht, aber der Grundtenor ist doch ein sehr zufriedener, das sieht auch Ralf Kleinhenz so, der Geschäftsführer der PopKomm.

An welchen konkreten Ergebnissen macht man denn in der Branche die Trendwende fest - wo wird in der Musikindustrie mittlerweile wieder Geld verdient?

"Da sind zunächst mal die legalen Download-Angebote im Internet zu nennen, die wurden im vergangenen Jahr zum ersten Mal von einem breiten Publikum angenommen, Stichwort apple mit seinem i-Pod und den dazugehörigen itunes - Musicstore, dort und auch bei anderen Anbietern kann man inzwischen sehr einfach legal Musik im Internet erwerben, auch die Preise sind deutlich runter gegangen – also das wird offenbar von den Konsumenten honoriert.

Mittlerweile schauen die Unternehmen sich schon wieder nach neuen Märkten um, auf dem Mobilfunk-Markt: Mit Klingeltönen hat die Branche schon in den letzten Jahren einen beträchtlichen Umsatz gemacht- in Zukunft soll man sich jetzt auch ganze Alben und Musikvideos auf sein Handy laden können - ein neues Geschäftsmodell, was hier mit dem Zukunftspreis ausgezeichnet wurde, das sieht sogar vor, dass man auf seinem Handy Karaoke singen kann und das dann gleich an seine Freunde verschicken kann – also da wird dann jeder sein eigener Popstar.

Auch der CD-Markt hat sich erholt, im ersten Halbjahr 2005 sind 4,4 Prozent mehr CDs verkauft worden als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres, das geht zum Teil zurück auf eine stärkere Differenzierung des Angebots , das heißt, das neue CDs nicht mehr zwangsläufig nur in einer Version angeboten werden, sondern es gibt verschiedene Editionen, die Sparausgabe mit einem einfachen Cover und ohne große Extras und dann die Luxus-Ausgabe mit ausführlichem Booklet und vielleicht auch noch einer beigelegten DVD - also noch ist die CD nicht tot, wie manche Pessimisten ja schon in den vergangenen Jahren orakelt haben."

Zur PopKomm gehört ja nicht nur die Messe und der Kongress – für die Musikfans war vermutlich das PopKomm-Festival viel interessanter. 400 Stunden Live-Musik waren da versprochen, was waren denn da die Highlights?

"Die Frage kann man glaube ich nur individuell beantworten, denn das Spektrum ist wirklich enorm und die Konzert gehen ja heute auch noch die ganze Nacht hindurch weiter: Das Spektrum reichte in diesem Jahr von finnischem Jazz über spanischen Soul-Punk bis hin zu finsterstem Heavy Metal. Einige große Namen waren auch dabei: Supergrass aus England beispielsweise, Techno-Star Paul Van Dyk oder Knorkator, die Berliner Lokalmatadoren, die als Überraschungsgast auch noch Frank Zander mitgebracht hatten. Vor allem aber ist das PopKomm-Festival ein Forum für neue Bands, viele Plattenfirmen fliegen ihre Künstler extra für diese drei Tage ein, weil sie wissen, dass sie hier eine besonders große Medienöffentlichkeit erreichen und natürlich auch eine große Fangemeinde, und das ist wirklich auch das Spannende, dass man irgendwo in einen kleineren Club gehen und sich einfach mal überraschen lassen kann, wer die Hitparaden von morgen bevölkern soll. Gastland war in diesem Jahr Spanien, also sehr viele Bands kamen von dort, gerade der Norden Spaniens, die Gegend um Barcelona, ist ja ein regelrechter Melting Pot, wo sehr viele unterschiedliche Musikstile zusammenfließen.

Also es war wirklich spannend, in diesem Jahr, das haben im Übrigen nicht nur die Musikjournalisten und die Talentscouts der Plattenfirmen so empfunden, sondern auch die mehr als 60 000 Berliner, die die Konzert besucht haben."

Auch die klassische Musik sollte in diesem Jahr auf der PopKomm verstärkt eine Rolle spielen, ein Genre, das ja früher eher am Rande stattfand. Gab es wirklich ein neues Forum für die klassische Musik?

"Nun, es gab in diesem Jahr auf der Messe erstmals einen eigenen Branchentreffpunkt und auch einige Veranstaltungen, die sich ausschließlich mit Klassik oder mit Klassikvermarktung befasst haben.

Allerdings ist der Umgang der Popkomm mit der Klassik schon immer sehr ambivalent gewesen, auf der einen Seite versucht man natürlich, dieses Marktsegment auch in die Messe mit einzubeziehen, gerade die Klassikbranche braucht ja dringend ein neues, ein jüngeres Publikum, dass auch wirklich neue CDs kauft , auf der anderen Seite habe ich immer so ein wenig den Eindruck, dass man versucht, die Klassik zu verpoppen, also mit den gleichen Mechanismen zu arbeiten wie in der Popmusik und das funktioniert einfach nicht so richtig. Also das ist doch fragwürdig, ob es da nun wirklich ein echtes neues Interesse der Szene für die Klassik gibt, oder ob diese Musik nicht nur in chicen Clubs als noble Klangtapete herhalten muss."

Wird die PopKomm auch 2006 wieder in Berlin stattfinden?

"Das ist schon jetzt sicher, also der Umzug der Messe von Köln nach Berlin vor zwei Jahren, das war ein endgültiger, und nach der positiven Resonanz auf Messe und Festival in diesem Jahr gibt es ja auch keinen Grund, an dieser Entscheidung zu rütteln. Heute wurde sogar bereits auch schon das Gastland 2006 verkündet, das wird nämlich Brasilien sein und der Abgesandte des brasilianischen Kulturministeriums, der heute bei der Pressekonferenz anwesend war, sagte so schön: Zuerst gewinnt unsere selecao die Fußballweltmeisterschaft und dann kommen unsere Musiker und Tänzer nach Berlin und zeigen Ihnen, dass die Brasilianer auf diesem Gebiet auch einiges zu bieten haben."