218 Künstler aus 65 Ländern
Das Haus der Kunst in München hat sich einiges vorgenommen. Die Ausstellung "Post War 1945-1965" bietet einen weltweiten Abriss der Kunst, die in der Nachkriegszeit populär war. Es geht auch darum, wie sich Künstler in Afrika und Asien mit dem Postkolonialismus auseinandersetzten.
Die Ausstellung Post War im Münchner Haus der Kunst bezieht sich auf die Zeit zwischen 1945 und 1965, aber sie meint damit nicht mehr nur die Kunstgeschichte des Kalten Krieges aus westlicher Perspektive.
Auf der Basis aufwendigster Recherchearbeiten und einer wissenschaftlichen Konferenz mit Teilnehmern aus aller Welt sucht sie den Blick auf das globale Geschehen nach dem Zweiten Weltkrieg, das nicht nur durch den Systemkonflikt zwischen Ost und west geprägt war. So tagte 1955 im indonesischen Bandung eine große Konferenz von 29 Staaten aus Afrika und Asien, die die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachten und das Ende des Zweiten Weltkriegs dafür nutzen wollten, endlich die Folgen von Kolonialismus und die Rassendiskriminierung abzuwerfen.
Der Begriff von der "Dritten Welt"
Die Bandung-Staaten entwickelten dabei auch zum ersten Mal den Begriff "Dritte Welt" als Selbstbezeichnung, um sich vom Westen und von den Sozialistischen Staaten abzugrenzen. Der Einfluss dieser internationalen, dekolonialistischen Bewegung auf die Kunst der Nachkriegszeit war, das zeigt die Münchner Ausstellung eindrücklich, immens, mischt sich auch in den bestehenden Ost-West-Konflikt, spielt aber in der bisherigen eurozentrischen Kunstgeschichte kaum eine Rolle.
Wie schon auf seiner Venedig-Biennale vor anderthalb Jahren, seiner documenta im Jahr 2002 oder auch mit der Johannesburger Ausstellung "The Short Century" geht es Kurator und Haus der Kunst-Leiter Okwui Enwezor um Aufbrechen des europäischen Blicks. Dieses Münchner Projekt freilich, dem noch zwei weitere Ausstellungen folgen sollen, greift historisch weiter aus und ist als solches durchaus grundlegend. Der Katalog, der die umfassenden Recherchen abbildet, mutet schon jetzt wie ein Standardwerk an.
Über 300 Werke und insgesamt wohl mehr künstlerische Positionen als auf der letzten documenta können den Betrachter beim Rundgang durch die Säle auf den ersten Blick durchaus ermüden. Es beginnt im Entree vertraut, mit Positionen wie Joseph Beuys, Francis Bacon, Gerhard Richter, Frank Stella, aber auch mit dem bedeutenden polnischen Maler Andrzej Wrobleski. Mit Kunst geprägt vom Kulturbruch des Faschismus und Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, nicht zuletzt auch vom Abwurf der Atombomben in Japan. Dann jedoch weitet sich der Blick in den nächsten Sälen auf Positionen aus Korea, Iran, Ägypten, Jordanien, von denen die meisten Besucher zweifellos noch nie etwas gehört oder gesehen haben.
Neuordnung der Museumsbestände
Postcolonial Studies haben inzwischen in vielen europäische Ausstellungsprogramme Einzug gehalten, doch Enwezor unternimmt mit diesem mehrteiligen Großprojekt erstmal einen Versuch, die europäisch geprägte Kunstgeschichtsschreibung der Nachkriegszeit systematisch auf ein durchaus vielschichtiges globales Geschehen zu erweitern. Für alle Museen mit Nachkriegssammlungen steht hiermit eine Neuordnung ihrer Bestände und Erweiterung ihrer Ausstellungsprogramme ins Haus.