Präsidentschaftswahl in Brasilien

"Wir erleben eine Erosion der Demokratie"

29:50 Minuten
Ein Mann bekommt am 28. Oktober 2022 in Sao Paulo, Brasilien, auf einer Hauptstraße einen Aufkleber des brasilianischen Präsidentschaftskandidaten Jair Bolsonaro.
Lula da Silva trifft am 30. Oktober in der Endrunde der Präsidentschaftswahl auf den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. © Getty Images / Corbis / VIEW press / Marcelo Villa
Claudia Ziller im Gespräch mit Gerhard Schröder |
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Brasilien steht vor einer Richtungswahl. Es gehe um die Frage, ob Präsident Bolsonaro seinen "extrem antidemokratischen Diskurs" fortsetzen könne, sagt die Lateinamerika-Expertin Claudia Ziller, oder Lula da Silva eine zweite Chance bekomme.
Es ist eine Wahl zwischen zwei alten weißen Männern. Als Favorit gilt Ex-Präsident Lula da Silva, der Brasilien zwischen 2003 und 2011 regierte. Er gilt als Ikone der Linken, der in seiner Amtszeit mit staatlich finanzierten Sozialprogrammen erfolgreich die Armut bekämpfte. Allerdings wurde seine Zeit als Präsident überschattet von Korruptionsaffären, die seinen Ruf nachhaltig beschädigten.
Chancen räumt Lateinamerika-Expertin Claudia Ziller aber auch dem amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro ein. Der Rechtspopulist habe in den vergangenen Wochen den Abstand zu seinem Herausforderer verkleinern können.

Eine widerstandsfähige Demokratie

Eine zweite Amtszeit Bolsonaros werde für Brasiliens Demokratie zu einer echten Belastungsprobe. Bolsonaro verfolge einen rechtspopulistischen Diskurs, auf Kosten des Rechtsstaates und der Demokratie. Es gehe bei den Wahlen daher auch um die Frage, ob Bolsonaro seinen "extrem antidemokratischen Diskurs" fortsetzen könne – oder seine Wahl eine Episode bleibe.
Positiv an seiner Amtszeit sei immerhin, dass sich die demokratischen Institutionen widerstandsfähig gezeigt hätten. "Trotz Bolsonaro ist Brasilien eine Demokratie geblieben. Und das ist nicht wenig."
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