Macron, Le Pen, Fillon oder Mélenchon?
Radikale Veränderungen stehen Frankreich bevor. Das haben alle aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten angekündigt: Abschaffung der 35-Stunden-Woche, EU-Austritt, riesiges Investitionsprogramm, demokratische Erneuerung. Wer gewinnt nun?
Am Sonntag steht die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich an. Rund 45 Millionen wahlberechtigte Franzosen entscheiden, welche beiden Kandidaten in die Stichwahl am 7. Mai einziehen. Laut den letzten Umfragen liegen vier Politiker zwischen 18 und 23 Prozentpunkten.
Macron - wirtschaftsliberal, sozial, pro-europäisch
Gute Chancen hat der 39-jährige sozialliberale Emanuel Macron, der früher bei den Sozialisten Wirtschaftsminister war und nun die eigene Bewegung "En Marche!" anführt, die mit bisher politikfernen Bürgern eine demokratische Erneuerung anstrebt. Dazu gehört laut Wahlprogramm ein Umbau der Renten- und Arbeitslosenversicherung, mehr Lehrer und Polizisten in sozialen Brennpunkten und bessere Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen.
Fillon - länger arbeiten, weniger Beamte, korrupt?
Etwas zurückgefallen ist der Kandidat der konservativen Republikaner: François Fillon. Er will die 35-Stunden-Woche abschaffen, die Macht der Gewerkschaften beschneiden und tausende Stellen im öffentlichen Dienst streichen. Die Arbeitsmarktreformen vom deutschen Kanzler Gerhard Schröder gelten für die Republikaner als Blaupause. Gegen Fillon wird ermittelt wegen des Verdachts der Veruntreuung öffentlicher Gelder. Er hatte jahrelang seine Frau und zwei Kinder im eigenen Büro beschäftigt. Das sei keine Scheinbeschäftigung gewesen, sagt der 63-Jährige.
Le Pen - Gegen EU, Euro und Zuwanderer
Auch gegen Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National wird ermittelt. Einmal wegen der Verbreitung von Gewaltbildern, nachdem sie 2015 über ihren Twitteraccount Fotos von Opfern der IS-Terrormiliz verbreitete, eine Straftat in Frankreich, die bis zu drei Jahren Gefängnis bedeuten kann. Außerdem soll Le Pen Gelder für ihre Abgeordnetentätigkeit im Europäischen Parlament regelwidrig an Mitarbeiter ihrer Partei weitergeleitet haben. Die 48-Jährige bestreitet die Vorwürfe. Außenpolitisch will sie den Ausstieg aus der Europäischen Union, aus dem Euro, der NATO und eine Vertiefung der Beziehungen zu Russland. Innenpolitisch hält sie Einwanderung für schädlich und hatte früher angekündigt per Referendum die Todesstrafe wieder einführen zu wollen.
Mélenchon - Mehr Investitionen und Beamte, kein Atomstrom
Zuletzt stark aufgeholt hat der Vorsitzende der linken "Parti de Gauche": Jean-Luc Mélenchon. Er hat von allen Kandidaten die meisten Anhänger auf Internetplattformen wie YouTube und fordert ein 100 Milliarden Euro Investitionsprogramm für Frankreich, 200.000 mehr Beamte, den Atomausstieg bis 2050 und er will die europäischen Verträge neu verhandeln, ggf. auch ein Referendum über den Ausstieg aus der EU.
Welche Konzepte überzeugen nun die Wähler? Wer hat die besten Chancen Frankreich in den nächsten fünf Jahren zu regieren? Was wird sich verändern - auch in der Zusammenarbeit mit den anderen EU-Ländern?
Über diese und andere Fragen diskutieren im Wortwechsel:
Claire Demesmay – Seit 2009 Leiterin des Frankreich-Programms der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
Danielle Grandmontagne-Hofmann - Mitglied des rechtsextremen "Front National"
Ronan Le Gleut - Vorsitzender der deutschen Sektion der französischen Konservativen "Les Républicains"
Hélène Kohl - Journalistin in Berlin, die als Deutschland-Korrespondentin für mehrere französische TV- und Radiosender arbeitet
Moderation: Burkhard Birke