Praunheim-Film "Härte"

Sex, Macht und Sehnsucht

Hanno Kofller mit erhobener Faust und Andreas Marquardt umarmend in Rosa von Praunheims Doku-Fiction "Härte"
Der Regisseur Rosa von Praunheim im Studio von Deutschlandradio Kultur © missingFILMs
Von Anke Leweke |
Der neue Streifen von Rosa von Praunheim erzählt das Leben eines gewalttätigen und später geläuterten Zuhälters. Der Regisseur hat sich mit diesem Film neu erfunden, urteilt unsere Filmkritikerin Anke Leweke.
Fallen wir mit der Tür ins Haus und halten fest: Mit diesem Film hat sich Rosa von Praunheim neu erfunden und bleibt sich dennoch treu. Auch in "Härte" geht es um sexuelle Abgründe, unergründliche Machtverhältnisse und überraschende Sehnsüchte. Auch dieses Mal greift von Praunheim auf die Form der Doku-Fiktion zurück.
Vor von Praunheims Kamera beginnt sich Marquardt freizusprechen
Zunächst stellt er uns seinen Protagonisten vor. Sein Name ist Andreas Marquardt, er ist Karate-Champion und trainiert Kinder, setzt sich gegen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen ein. Vor Rosa von Praunheims Kamera beginnt sich Marquardt freizusprechen. Er selbst wurde von seiner Mutter jahrelang sexuell missbraucht von seinem Vater brutal verprügelt. In Schwarzweiß stilisierten Bildern führt von Praunheim Marquardts manchmal sehr nüchterne Beschreibungen aus: "Und dann musste ich als 12jähriger mit meiner Mutter schlafen."
Gewalt erzeugte Gegengewalt - die Folge sind mehrere Jahre Gefängnis
Zwischen dokumentarischen und fiktiven Erzählelementen entsteht eine Spannung, die den Zuschauer an einer Biografie teilhaben lässt, die lange Zeit nur mit Gegengewalt auf Gewalt reagieren konnte. Marquardt wird ein aggressiver Zuhälter, der Prostituierte und gegebenenfalls auch zahlungsunfähige Kunden schlägt. Er macht auf großen Macker und muss für mehrere Jahre ins Gefängnis.
Was ihn nicht umbringt, macht ihn nur härter - mit diesem Motto hat sich Marquardt buchstäblich durch sein Leben geboxt, mit ihm lernen wir sein Verhalten, seine Reaktion besser zu verstehen, seine angeschlagene Seele öffnet sich. Gleichzeitig erzählt der Film eine Liebesgeschichte, der man sich stellen muss, ob man möchte oder nicht. Mit einer der ehemaligen Prostituierten, Marion, ist Andreas Marquardt bis heute zusammen. Manchmal sucht sich das Begehren seine eigenen, nicht immer nachvollziehbaren Wege. Auch davon erzählt Rosa von Praunheims Film.
"Härte" von Rosa von Praunheim. Mit : Hanno Koffler, Luise Heyer, Katy Karrenbauer. Deutschland 2015, 89 Minuten
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