Guntram Vesper für "Frohburg" ausgezeichnet
Der diesjährige Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik geht an Guntram Vesper für seinen Roman "Frohburg". Das gab die Jury am Donnerstagnachmittag bekannt. Mehr als 1000 Seiten stark ist der Vespers Roman, den er seiner Geburtsstadt gewidmet hat.
"Frohburg" lautet der Titel, mit dem Guntram Vesper in diesem Jahr den Leipziger Buchpreis in der Kategorie Belletrsitik gewonnen hat. "Herzlichen Dank! Mehr kann ich nicht sagen" , sagte Vesper um 16:48 Uhr - unmittelbar, nachdem er als neuer Preisträger in der wichtigsten Preis-Kategorie bekannt gegeben worden war. Und damit verließ Vesper wieder das Rednerpult.
Mehr als 1000 Seiten lang ist der Roman, in dem sich der 74-Jährige mit seinem Geburtsort Frohburg beschäftigt, der südlich von Leipzig liegt. Hier verbrachte Vesper seine Kindheit und seine Jugend, ehe die Familie 1957 in die Bundesrepublik floh. Kultur, Politik, Krieg und Nachkrieg - das sind die Themen, die Vesper zu einem Geschichtspanorama zusammen setzt. Dabei stützt er sich vor allem auf eigene Beobachtungen und Erlebnisse.
Jury-Mitglied Dirk Knipphals sagte in seiner anschließenden Laudatio: "Lieber Herr Vesper, ihr Erzähler hat bei all seinem Können, nichts heldisches. Er ist ein erstaunlich junger, immer wieder von sich selbst überraschter Erzähler. Man glaubt ihm gerne, dass seine Erzählungen wahr sind."
Der Leipziger Buchpreis ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert und wird neben der Belletrisitik, Sachbuch/ Essayistik und Übersetzung vergeben. Nominiert waren insgesamt 15 Autorinnen und Autoren.
Weitere Gewinner 2016: Jürgen Goldstein und Brigitte Döbert
In der Kategorie Sachbuch/ Essayist konnte sich Jürgen Goldstein mit seinem Buch "Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt" durchsetzen. Jury-Mitglied Meike Feßmann sagte in ihrer Laudatio: "Jürgen Goldstein macht uns klar, was eine Weltreise im 18. Jahrhundert bedeutet – sie war der Inbegriff einer Grenzüberschreitung."
In der Kategorie "Übersetzung" wurde Brigitte Döbert ausgezeichnet, die aus dem Serbischen das Buch "Bora Ćosić: Die Tutoren" ins Deutsche übertragen hat. "Wenn Ideologien zerbröseln, gerät die Sprache außer Rand und Band. Mit überbordendem Wortwitz bildet Brigitte Döbert ein Kompendium balkanischer Verrücktheiten nach", hieß es von der Jury.
Vesper druckte nicht eine Seite von "Frohburg" aus
Alle drei Preisträger kamen anschließend zum Interview auf das "Blaue Sofa" von Deutschlandradio Kultur. Guntram Vesper berichtete von seiner Arbeit an dem 1001 Seiten langen Roman "Frohburg", die sechs bis sieben Jahre dauerte. Eine Druckseite pro Tag habe er in guten Zeiten produziert - wobei er nie etwas ausdruckte, sondern immer nur am Bildschirm arbeitete. Dabei habe es drei Computer-Abstürze gegeben, die das Manuskript fast zum Verschwinden gebracht hätten - "der Computer hat das lange Arbeiten nicht vertragen!"
Schließlich habe er den gesamten Roman (1200 Seiten) per E-mail an den Verleger Klaus Schöffling geschickt. Nachdem der das Buch begeistert aufnahm und auch Mitarbeiter des Verlags sich sehr positiv äußerten, habe er geglaubt, dass der Roman auch für die jüngere Generation interessant sein könnte, sagte Vesper. Letztlich habe er sich noch von 20 Exkursen trennen müssen, auf die er verzichten musste.
Für Forster begann Wissenschaft mit Anschauung
Jürgen Goldstein meinte, die Hälfte seines Preises gebühre Georg Forster, über den er geschrieben habe. Er habe möglichst viele Zitate von diesem unterbringen wollen, weil er so großartig geschrieben habe - "ich grüße ihn von hier". Goldstein überlegt nun, ob er das Preisgeld für eine Weltreise anlegen will, allerdings nicht wie eine des späten 18. Jahrhunderts, "denn das war zu Forsters Zeiten eine Plackerei und gefährlich". Goldstein sagte, für Forster habe es keinen Gegensatz zwischen Wissenschaft und Anschauung gegeben - Wissenschaft habe für ihn mit Anschauung begonnen.
Die Übersetzerin Brigitte Döbert hat ein Buch aus dem Serbischen ins Deutsche übertragen, das als unübersetzbar galt: "Die Tutoren" von Bora Cosic. Sie sagte, der Roman sei sicher weniger eins zu eins übersetzt als andere Bücher, denn er enthalte viele Schwierigkeiten wie historische Texte, gebundene Sprache sowie Witze und Anspielungen, die sie zunächst nicht verstanden habe. Mit dem Autor habe sie intensiver als sonst an solchen Problemen gearbeitet. Cosic habe über ihre Arbeit gesagt, sie habe "mit einem schrägen Blick aufs Original ein eigenes Buch geschrieben". Tatsächlich habe sie die Lizenz gehabt, Dinge so zu machen, dass sie im Deutschen stimmig seien.