Preis der Nationalgalerie 2019
Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart - Berlin
16.08.2019 bis 16.02.2020
Künstlerische Kommentare zu politischen Großwetterlagen
08:58 Minuten
Bei der letzten Ausgabe des Preises der Nationalgalerie wurden einige Aspekte der Auszeichnung von den Künstlerinnen scharf kritisiert. Diesmal soll die Kunst wieder im Vordergrund stehen. Kunstexperte Carsten Probst hat eine Favoritin ausgemacht.
Die vier nominierten Künstlerinnen bei der letzten Ausgabe des Preises der Nationalgalerie im Jahr 2017 hatten u. a. die Auswahlkriterien und die Vergabezeremonie scharf kritisiert. Die Wahrnehmung des Inhalts ihrer Arbeiten habe unter der Fokussierung auf ihr Geschlecht und ihre Herkunft gelitten. Den Veranstaltern wurde "selbstgefällige Verwendung von Vielfalt als Instrument der Öffentlichkeitsarbeit" vorgeworfen.
Ethisch-moralische Verantwortung der Kunst
"Einige Kritikpunkte damals waren wirklich gerechtfertigt. Die Zeremonie war pompös, es traten Schauspieler auf, also es ging nicht in erster Linie um die Kunst", sagt der Kritiker Carsten Probst.
Udo Kittelmann, der Direktor der Nationalgalerie in Berlin, habe, auch mit Blick auf die Erfahrung vor zwei Jahren, nun in einer Rede darauf hingewiesen, dass die künstlerischen Beiträge von den Institutionen immer mehr auch eine ethisch-moralische Verantwortung verlangten.
"Die künstlerischen Arbeiten stehen jetzt mehr im Vordergrund und nicht das Geschlecht oder die Herkunft der Nominierten". Dazu diene auch ein kleines puristisches Booklet mit Beschreibungen der Künstler und ihrer Arbeiten, dass die Besucher bekommen.
Ein Werk sticht heraus
"Die ethisch-moralische Verantwortung von der Kittelmann spricht, spiegelt sich in drei der vier Positionen, die man bei der Ausstellung sehen kann, gut wider. Da werden politische und kulturelle Großwetterlagen künstlerisch kommentiert. Es geht um UN-Friedensmissionen, Reproduktionsbiologie oder die Trivialisierung der Geschichtsschreibung", so Probst.
"Flaka Haliti zum Beispiel bettet die persönliche Geschichte ihrer Herkunft aus dem Kosovo in die Geschichte der Jugoslawienkriege und des darauf folgenden künstlichen Friedens ein."
Besonders beeindruckt zeigt sich Probst von der Arbeit von Pauline Curnier Jardin. "Ihr Werk sticht heraus, weil es einen berührt und mitnimmt. Curnier Jardin hat eine ganz eigene und eindrückliche Bildsprache entwickelt. Ihre Film- und Rauminstallationen passen hervorragend zusammen. Aus dem zweiten Film, der dabei zu sehen ist, geht man verdattert und aufgewühlt heraus. Da wird eine unbewusste Emotionalität hervorgerufen, die man bei der restlichen Ausstellung vermisst."
Für ihn ist Curnier Jardin die persönliche Favoritin auf den Preis, er sei sich aber nicht sicher, ob die Jury das auch so sehen werde. "Vielleicht ist den Jurymitgliedern das auch zu weich, zu emotional oder zu indirekt oder zu unklar in Hinsicht auf die Botschaft."
(rja)