Preis für Popkultur

Etabliert, männlich, erwartbar

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Gewinner des Abends ist der Chemnitzer Rapper Trettmann, er gewann in drei Kategorien. © dpa
Von Christoph Möller |
Im Berliner Tempodrom wurde zum dritten Mal der Preis für Popkultur vergeben. Dessen Macher verfolgen das Ziel, alle Facetten deutscher Popmusik abzubilden - das wurde aber auch diesmal verfehlt, meint Christoph Möller.
Der Gewinner des Abends ist der Chemnitzer Rapper Trettmann: "Lieblings-Solokünstler", "Lieblings-Album", "Lieblings-Song" – die wichtigsten drei Kategorien vom Preis für Popkultur gingen an Trettmann und sein Album "#DIY". Die Laudatio auf das Album vom Radiomoderator Klaus Fiehe, ein Highlight des Abends: "Es ist eine Stärke dieses Albums, dass der Künstler, das lyrische Ich bisweilen zur Seite schiebt und anderes und andere in den Vordergrund rückt. Dieses Album hat Witz. Spott ist ihm fremd."
Die Preise an Trettmann gehen in Ordnung. Doch im Großen und Ganzen hatte der dritte Preis für Popkultur wenig Überraschendes zu bieten. Schon die Shortlist war eine Auflistung etablierter männlicher Popmusiker: Beatsteaks, Die Fantastischen Vier, Casper. Auch in seiner dritten Ausgabe erreicht der Preis nicht das selbst gesetzte Ziel, "alle Facetten" deutscher Popmusik abzubilden. In zwölf Kategorien hat nur eine Frau gewonnen, Kat Frankie ist die "Lieblings-Solokünstlerin".

Wenig Diversität in Musikindustrie

Daniel Koch, der letzte Chefredakteur der eingestellten Musikzeitschrift "Intro", war einer der wenigen, der in seiner Laudatio das Problem angesprochen hat: "Die Musikindustrie ist meiner Meinung nach, zumindest an den Entscheider-Stellen immer noch eine ziemliche Würstchen-Parade. Und auch, wenn ich natürlich Teil des Problems bin, und auch ein Typ bin, finde ich, dass andere Länder da schon wirklich weiter sind."
Der Vereinsvorstand betont, er nehme die Kritik ernst und denke über Lösungen nach. Bislang ist davon aber zu wenig zu spüren. Dabei hat die Preisverleihung gezeigt, dass der Preis durchaus politische Zeichen setzen möchte. In der Kategorie "Gelebte Popkultur" haben etwa Birgit und Horst Lohmeyer gewonnen, die im Mecklenburg-Vorpommerschen Dorf Jamel das "Jamel rockt den Förster"-Festival gegen die im Ort lebenden Neonazis veranstalten. Birgit Lohmeyer war ehrlich erfreut über die Würdigung ihrer Arbeit: "Wow, ich möchte ja nicht meine Vorredner, Vorrednerinnen zitieren, aber am liebsten würde ich jetzt auch fuck sagen. Es ist so gut, hier zu sein, dass ihr uns mit diesem Preis bedenkt."

Musiker sollen Stellung beziehen

Auch ein ungewöhnliches Format für eine Preisverleihung hat erstaunlicherweise gut funktioniert: Ein Gespräch über "Popmusik und Politik". Die Rapperin Sookee appellierte an Musikerinnen und Musiker, stärker Position zu beziehen: "Ich weiß, dass viele Artists das anders halten, aber ich finde, wenn man ein Mikrofon hat, trägt man nicht nur das Mikrofon, sondern auch eine gewisse Verantwortung. Wenn ich alleine Auto fahre, ist es das Eine, wenn ich einen Bus lenke mit 20 Leuten, ist es was anderes. Und wir werden nun mal verstärkt durch das, was wir sagen, durch die Öffentlichkeit."
Die Popmusik in Deutschland ist im Wandel. Mit dem Ende der Musikzeitschrift "Spex", das diese Woche bekannt gegeben wurde, ist offen, wer überhaupt noch wichtige Beiträge liefert zum Status Quo der Popmusik. Der Musikpreis "Echo", auch das ist über die Jahre deutlich geworden, hat nie substanzielle Impulse setzen können. Mit seinem Ende entsteht ein Vakuum, das der Preis für Popkultur füllen könnte. Dazu müsste er im kommenden Jahr beweisen, dass es ihm ernst ist mit der Förderung von Diversität und Vielstimmigkeit. Dass nur eine Frau einen Preis gewinnt, ist im Jahr 2018 ein schlechtes Signal.
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