Ein starker Kino-Jahrgang
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Die Jury in Cannes zeigte dieses Jahr ein glückliches Händchen bei der Wahl der Preisträger – und ließ große Namen weitgehend leer ausgehen. Bester Film wurde die Satire "Parasite" aus Südkorea um eine arme Familie, die sich bei einer reichen einschleust.
Es sei eine einstimmige Entscheidung gewesen, Bong John-ho die Goldene Palme zu geben, sagte der Jurypräsident Alejandro González Iñárritu.
Und es verwundert nicht: Die schwarzhumorige Gesellschaftssatire "Parasite" um eine arme Familie, die sich in einen reichen Haushalt einschleust, galt seit Tagen als großer Favorit. Bong war schon mehrfach im Wettbewerb von Cannes vertreten, zuletzt vor zwei Jahren mit seiner Netflix-Produktion "Okja", aber erstmals überhaupt ging die Goldene Palme an Südkorea. Und zum zweiten Mal in Folge gewann das asiatische Kino – nach "Shoplifters" von Kore-eda Hirokazu im letzten Jahr.
Rambo-Darsteller Silvester Stallone war es, der den zweitwichtigsten Preis einführte, den Grand Prix der Jury. Den bekam eine Debütantin, die französisch-senegalische Regisseurin Mati Diop. Ihr Geister- und Migrations-Drama "Atlantique" gehörte zu vier Filmen im Wettbewerb, die von Regisseurinnen stammten.
Auch eine weitere Regisseurin wurde ausgezeichnet: die Französin Céline Sciamma. Sie bekam den Preis fürs beste Drehbuch für ihren Liebesfilm "Portrait de la Jeune Fille en Feu".
Große Namen kamen und gingen ohne Preise
"The best director's award goes to Jean-Pierre and Luc Dardennes für 'The young Ahmed'."
Zu den umstrittenen Entscheidungen der Jury gehört der Preis für die beste Regie. Er ging an das belgische Brüderpaar Jean-Pierre und Luc Dardenne. Ihr Drama "Young Ahmed" über einen jungen Moslem, der sich radikalisiert und versucht, seine Lehrerin zu töten, war bei der Kritik größtenteils durchgefallen.
Alles in allem aber zeigte die Jury ein glückliches Händchen bei der Wahl der Preise. Der diesjährige Wettbewerb mit seinen 21 Filmen war ein starker Jahrgang. Viele große Namen waren dabei, darunter Quentin Tarantino, Terrence Malick und Ken Loach. Sie gingen bei der Preisverleihung aber letztendlich leer aus.
Ein Dauergast im Wettbewerb von Cannes ist der spanische Regisseur Pedro Almodóvar. Viele hatten sich gewünscht, er würde mit seinem hochgelobten autobiographischen Melodram "Pain and Glory" nun endlich mal eine Goldene Palme gewinnen.
Banderas widmet seine Palme Almodóvar
Das hat auch in diesem Jahr nicht geklappt, aber sichtlich gerührt nahm dafür Antonio Banderas den Preis als bester Darsteller entgegen.
"Ich habe Pedro Almodóvar vor 40 Jahren getroffen", sagte Banderas. "Wir haben acht Filme zusammen gemacht. Ich respektiere und bewundere und liebe ihn. Er hat mir so viel in meinem ganzen Leben gegeben, dass dieser Preis ihm gewidmet ist."
Es war der schönste Moment der Preisverleihung, eines Abends, der einmal mehr die Filmkunst gefeiert hat. Nun bleibt zu hoffen, dass möglichst viele der Filme auch in Deutschland ins Kino kommen werden.