Tracy Letts mit Spannung erwartetes Stück "Eine Frau"
Der Intendant des Berliner Ensembles Oliver Reese will zeitgenössische Stoffe auf die Bühne holen: Das Stück "Eine Frau - Mary Page Marlowe" des US-amerikanischen Dramatikers Tracy Letts macht den Anfang. Wir waren bei der Premiere dabei.
Warum ist das Stück so interessant?
Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles und Nachfolger von Claus Peymann, hatte angekündigt, wieder mehr zeitgenössische Stoffe auf die Bühne zu holen und die "well-made plays", gut gemachte Ensemblestücke, in den Vordergrund zu stellen. Nun feierte "Eine Frau - Mary Page Marlowe" des US-amerikanischen Dramatikers Tracy Letts Premiere, in der Inszenierung von David Bösch. Letts hatte zuletzt großen Erfolg mit seinem Stück "Eine Familie" - die Erwartungen an die neue Inszenierung waren entsprechend hoch.
Was ist der Inhalt?
Das Publikum bekam die Lebensgeschichte der Mary Page Marlowe zu sehen, eingeteilt in elf Schlüsselszenen, die nicht chronologisch gespielt wurden. Marlowe durchlebt viele Tiefschläge: Die Zuschauer erfahren von Affären, Todesfällen, Alkoholsucht. Wie immer geht es bei Bösch um das psychologische Einfühlen in die Figur.
Und die Bewertung?
Den Anspruch an ein sogenanntes well-made play wird "Eine Frau" laut Behrend insofern gerecht, als dass psychologisch realistische Figuren in gut gebauten Dialogen miteinander interagieren. "Man kann sich als Zuschauer wieder einmal in so eine Geschichte fallen lassen, das Publikum hat das auch sehr goutiert." Die Umsetzung auf der Bühne dagegen sieht sie mit gemischten Gefühlen: "Sehr emotional, sehr effektgeladen, manchmal etwas zu sentimental."
Vier Schauspielerinnen stellen allein die Hauptfigur dar - Bettina Hoppe, Corinna Kirchhoff, Annika Meier und Carina Zichner. Behrends Urteil: Es sei definitiv ein Abend mit starken Schauspielerinnen gewesen, auch die männlichen Darsteller hätten geglänzt. "Das Problem ist, dass die Frauen sehr unterschiedlich spielen." Hoppe und Zichner seien hart, kantig und burschikos, während Kirchhof in hohen Tönen etwas überdramatisiere – das passe nicht ganz zusammen.
An den großen Erfolg von "Eine Familie" wird "Eine Frau" laut Behrend wohl nicht anschließen können, da die Sprache weniger scharf sei und die Zuschauer sich weniger mit dem Stück identifizieren könnten.
(ske)