Aus der Angst vor der Zukunft gespeist
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In Deutschland bereiten sich Tausende sogenannte Prepper auf eine Katastrophe vor, andere verbreiten Hasskommentare im Internet. Der Ton sei herrischer geworden, meint Johannes Groschupf, Autor des Krimis "Berlin Prepper".
Tausende bereiten sich in Deutschland auf eine Katastrophe oder Krise vor. Sogenannte Prepper legen Lebensmittelvorräte an, tauschen sich im Internet über ideale Rucksäcke und Messer aus. Darunter seien auch ziemlich rechts ausgerichtete Gruppen, erklärt Johannes Groschupf im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Vor allem Männer, "die das archaische Männerbild des Überlebens in der Wildnis pflegen", befänden sich darunter.
Prepper als Gegenstand des Krimis
Der Autor hat soeben seinen Krimi "Berlin Prepper" vorgelegt, der auf Platz eins der Krimibestenliste im Juni von Deutschlandfunk Kultur und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" steht. Bei seinen Recherchen beschäftigte er sich intensiv mit dieser Szene. "Das geht auch in die Welt der Reichsbürger über, in wirklich wahnhafte Systeme", so Groschupf.
Ein anderes Phänomen, dass Groschupf in seinem Berlin-Krimi verarbeitet, sind Hasskommentare im Internet. "Sowohl Prepper wie Leute, die Hasskommentare posten, versuchen, sich gegen eine Welt zu wehren, die sie nicht mehr verstehen", ist sich der Autor sicher: "Es speist sich aus einer Angst vor der Zukunft." Gleichzeitig sei es ein Form, "sich aus einer gemeinsamen Welt zu verabschieden und einfach zu behaupten, das stimmt hier alles nicht".
Selbst Erfahrungen mit Hasskommentaren
Erfahrung habe er damit zur Genüge gesammelt, sagt Groschupf. Er arbeitet für Berliner Tageszeitungen und betreut dort die Kommentare auf deren Internetseiten. Davon seien bis zu einem Drittel Hasskommentare, vor allem verfasst von Männern.
Groschupf gibt zu bedenken: "Leute, die Hasskommentare schreiben, wollen tatsächlich etwas ändern." Zugleich sagt er: "Vieles ist Quatsch. Das sind Männerfantasien, Soldatenfantasien. Aber in der Masse ist es wirklich erschreckend."
Erschreckend sei vor allem, dass "in den letzten Jahren der Ton herrischer und fordernder geworden ist". Das mache auch seine Arbeit schwerer. Nach einer Schicht sei man "innerlich verfinstert und seelisch verdunkelt", sagt Groschupf gegenüber Deutschlandfunk Kultur.
Gefährlicher Rand der Gesellschaft
"Solche Leute haben früher am Stammtisch gesessen, das reichte nicht darüber hinaus. Das Katastrophale im Moment ist, dass sie eine so große Reichweite bekommen", so Groschupf – "wenn sie nicht rausgefischt werden".
Die Politik stehe diesen Phänomenen hilflos gegenüber, denn diese sei "relativ ahnungslos", ist der Schriftsteller und Journalist überzeugt. "Die große Bedrohung ist jetzt immer die AfD, die aus diesen Sorgen und Ängsten ihr Potential schöpft. Aber dahinter gibt es noch einen noch viel aggressiveren und unangenehmeren Rand, der stark unterfüttert ist mit Leuten, die etwas tun wollen."
(rzr)