Pressefreiheit in Russland

Immer mehr unabhängige Medien geben auf

07:14 Minuten
Der russische Präsident Vladimir Putin umrahmt von Fotografen.
Um im Herbst wieder die absolute Mehrheit zu erreichen, schaltet Vladimir Putin nach und nach die unabhängigen Medien aus, wie Russlandkorrespondent Kellermann berichtet. © picture alliance / dpa | Alexei Druginyn / Ria Novosti
Florian Kellermann im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Seit 2017 sind mehr als 20 unabhängige Medien in Russland als "ausländische Agenten" gelistet worden. In der Folge verlieren sie ihre Werbepartner, aber auch ihre Mitarbeiter. Die einen Medien geben auf, die anderen suchen neue Wege der Finanzierung.
Im Vorfeld der Parlamentswahl im September werden in Russland die Daumenschrauben angezogen, wie unser Moskaukorrespondent Florian Kellermann berichtet. Der Druck auf unabhängige Medien wie auf potenzielle Anhäger des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny wächst.
In der vergangenen Woche haben die beiden Portale "NEWSru.com" und "VTimes" angekündigt, den Betrieb einzustellen. Der Schritt kam, nachdem sie zuvor als ausländische Agenten gelistet worden waren, wie Kellermann berichtet.

Finanzielle Auswirkungen

Seitdem mussten sie all ihre Beiträge mit folgendem Vorspann versehen: "Diese Nachricht wurde erstellt oder verbreitet von einem Medium, das die Funktion eines ausländischen Agenten erfüllt, und / oder von einer Firma, die die Funktion eines ausländischen Agenten erfüllt."
Damit wird den Portalen unterstellt, sie würden vom Ausland gesteuert, um Russland zu destabilisieren. Man kann sich vorstellen, welche Auswirkungen das hat: Werbekunden springen ab, und potenzielle Interview- und Ansprechpartner in staatlichen Stellen werden abgeschreckt, wie Kellermann berichtet.

Manche Medien ignorieren die Gesetze einfach

Doch nicht alle unabhängigen Medien entscheiden sich, aufzuhören. Manche ignorieren die Einstufung einfach – beispielsweise der tatsächlich vom US-amerikanischen Staat gegründete und finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty. Er sendet keinen Vorspann, zahlt die daraufhin verhängten Strafen nicht und klagt dagegen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, wie Kellermann berichtet.
Andere unabhängige Medien, wie das im lettischen Exil ansässige Internetportal "Meduza", versuchen es mit Crowdfunding. So will man sich über Wasser halten, nachdem auch hier alle russischen Werbepartner abgesprungen sind.
(ckr)
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