Preußens kulturelle Landschaft
Der Schriftsteller Günter der Bruyn hat sich im Laufe der Jahre vom Romancier zum Chronisten entwickelt. Beschrieb er in seinem letzten Buch "Abseits" noch eine konkrete Landschaft, geht es diesmal um die kulturelle Landschaft Preußens 1786 bis 1807, die er anhand von Kurzporträts einzelner Künstler und Schriftsteller skizziert.
Günter de Bruyn beschreibt in seinem Buch Märkische Forschungen den Enthusiasmus des Hobbyforschers Ernst Pötsch, der mit seinem wissenschaftlichen Ehrgeiz die etablierten Wissenschaftler in Erstaunen versetzt und sie nebenbei auch noch das Lesen lehrt. Pötsch gerät mit Menzel, einen Literaturprofessor, in Streit um die Biografie eines Autors. Das 1978 in der DDR erschienene Buch ist - so de Bruyn - ein politisches Buch, denn es geht um Herrschen und Wissen und also auch um Herrschaftswissen.
Inzwischen ist aus dem Autor Günter de Bruyn, der am 1.11.2006 achtzig Jahre alt wird, ein Leser geworden. Seit einigen Jahren liest er mit Vorliebe Landschaften, woraus "Liebeserklärungen" entstehen können - wie der Untertitel seines im vergangenen Jahr erschienen Buches Abseits lautet. Es handelt von dem in der Mark Brandenburg gelegenen Görsdorf und der näheren Umgebung des Ortes, in dem sich der Autor niedergelassen hat.
Auch in diesem Buch, das eine Regionalgeschichte rekonstruiert, geht es darum, wie sich Geschichte mit ihren unvorhergesehenen Ereignissen in Biographien und Landschaften einschreibt. Davon handelten auch de Bruyns Romane, doch hat der Erzähler inzwischen das Fach gewechselt und ist zum Chronisten geworden.
In dem neuen Buch Als Poesie gut besichtigt de Bruyn eine kulturelle Landschaft. Er beschreibt Berlins Kunstepoche zwischen 1786 und 1807, indem er sich für die Künstler und Schriftsteller dieser Zeit interessiert. In ihren Biographien hat er gelesen und die Erträge dieser Lektüre zu einer Kulturgeschichte geformt, die sich aus einzelnen Bildern zusammensetzt.
Am Beginn seiner Rekonstruktion steht das Ende einer Periode - der Tod von König Friedrich II., genannt der Große, war eine Zäsur. Zwar galt dieser Flöte spielende Monarch als aufgeklärt, aber die deutsche Literatur und Kunst nahm er nicht zur Kenntnis.
Vom intellektuellen und künstlerischen Geist seiner Zeit verstand auch Friedrich Wilhelm III. wenig, der eine militärische Denkschrift mit den Worten ablehnte: "Als Poesie gut" - was im Klartext hieß: die Schrift hat keinen Wert. Verfasser dieser Denkschrift war kein geringerer als Oberst von Gneisenau, dessen Hinweis, dass "allen patriotischen, religiösen und sittlichen Gefühlen Poesie zugrunde läge", den König wenig beeindruckte.
Es geht aber auch anders. Denn zwischen diesen beiden Monarchen regierte Friedrich Wilhelm II. - was in künstlerischer Hinsicht für Preußen ein Segen war. In den elf Jahren, in denen er herrschte, entwickelt sich Berlin zu einem geistigen Zentrum, das den Vergleich mit Weimar nicht fürchten musste.
Wie sich die Künste in einem Staatswesen entwickeln, wie sie durch Staatskunst befördert und schließlich auch zum Ruhm des politischen Systems beitragen können, auch davon handelt de Bruyns Buch. Selbst wenn er ganz nah bei den Biographien von Protagonisten wie Schadow, Kleist, Karl Philipp Moritz, Schinkel u.a. ist, de Bruyn versäumt es nicht, dabei auch nach den Bedingungen zu fragen, die günstig für die Ausbildung von solchen außergewöhnlichen Persönlichkeiten waren.
Rezensiert von Michael Opitz
Günter de Bruyn: Als Poesie gut. Schicksale aus Berlins Kunstepoche 1786 bis 1807
S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 2006
524 Seiten
Inzwischen ist aus dem Autor Günter de Bruyn, der am 1.11.2006 achtzig Jahre alt wird, ein Leser geworden. Seit einigen Jahren liest er mit Vorliebe Landschaften, woraus "Liebeserklärungen" entstehen können - wie der Untertitel seines im vergangenen Jahr erschienen Buches Abseits lautet. Es handelt von dem in der Mark Brandenburg gelegenen Görsdorf und der näheren Umgebung des Ortes, in dem sich der Autor niedergelassen hat.
Auch in diesem Buch, das eine Regionalgeschichte rekonstruiert, geht es darum, wie sich Geschichte mit ihren unvorhergesehenen Ereignissen in Biographien und Landschaften einschreibt. Davon handelten auch de Bruyns Romane, doch hat der Erzähler inzwischen das Fach gewechselt und ist zum Chronisten geworden.
In dem neuen Buch Als Poesie gut besichtigt de Bruyn eine kulturelle Landschaft. Er beschreibt Berlins Kunstepoche zwischen 1786 und 1807, indem er sich für die Künstler und Schriftsteller dieser Zeit interessiert. In ihren Biographien hat er gelesen und die Erträge dieser Lektüre zu einer Kulturgeschichte geformt, die sich aus einzelnen Bildern zusammensetzt.
Am Beginn seiner Rekonstruktion steht das Ende einer Periode - der Tod von König Friedrich II., genannt der Große, war eine Zäsur. Zwar galt dieser Flöte spielende Monarch als aufgeklärt, aber die deutsche Literatur und Kunst nahm er nicht zur Kenntnis.
Vom intellektuellen und künstlerischen Geist seiner Zeit verstand auch Friedrich Wilhelm III. wenig, der eine militärische Denkschrift mit den Worten ablehnte: "Als Poesie gut" - was im Klartext hieß: die Schrift hat keinen Wert. Verfasser dieser Denkschrift war kein geringerer als Oberst von Gneisenau, dessen Hinweis, dass "allen patriotischen, religiösen und sittlichen Gefühlen Poesie zugrunde läge", den König wenig beeindruckte.
Es geht aber auch anders. Denn zwischen diesen beiden Monarchen regierte Friedrich Wilhelm II. - was in künstlerischer Hinsicht für Preußen ein Segen war. In den elf Jahren, in denen er herrschte, entwickelt sich Berlin zu einem geistigen Zentrum, das den Vergleich mit Weimar nicht fürchten musste.
Wie sich die Künste in einem Staatswesen entwickeln, wie sie durch Staatskunst befördert und schließlich auch zum Ruhm des politischen Systems beitragen können, auch davon handelt de Bruyns Buch. Selbst wenn er ganz nah bei den Biographien von Protagonisten wie Schadow, Kleist, Karl Philipp Moritz, Schinkel u.a. ist, de Bruyn versäumt es nicht, dabei auch nach den Bedingungen zu fragen, die günstig für die Ausbildung von solchen außergewöhnlichen Persönlichkeiten waren.
Rezensiert von Michael Opitz
Günter de Bruyn: Als Poesie gut. Schicksale aus Berlins Kunstepoche 1786 bis 1807
S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 2006
524 Seiten