Privatisierungen im Gesundheitssektor

Profit vor Pflege

05:59 Minuten
Ein leerer Krankenhausflur mit Bett
Gerade an Personal wird in privatisierten Kliniken oft gespart. © imago images / IP3press
Von Bastian Brandau |
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Zahlreiche Krankenhäuser wurden in den vergangenen Jahrzehnten privatisiert, auch die Elbe-Jeetzel-Klinik. Ihr drohte dennoch zuletzt die Insolvenz, ein neuer Investor ist eingestiegen. Bürger und Beschäftigte machen sich Sorgen um die medizinische Versorgung.
Birgit Höpfner zeigt auf das Dannenberger Reitgelände am Ortsausgang. Durch die Bäume sieht man auf der anderen Straßenseite die Elbe-Jeetzel-Klinik, das örtliche Krankenhaus. Im vergangenen Sommer hat sie und hunderte andere hier demonstriert. Beschäftigte, aber vor allem Menschen, die sich Sorgen um die medizinische Versorgung machen.
Denn ihrem Krankenhaus, dem einzigen im Landkreis, drohe die Insolvenz, hieß es vergangenen Sommer. Eine Bürgerinitiative gründete sich, bei der die selbstständige Sporttherapeutin und Yoga-Lehrerin Birgit Höpfner mitmacht - empört über die Zustände in der medizinischen Versorgung.
Höpfner und ihre Bürgerinitiative „Unser Krankenhaus im Wendland – für eine Klinik in öffentlichen Händen“ fordern eine Rekommunalisierung der Elbe-Jeetzel-Klinik. Ein kommunales Krankenhaus, wie es in Deutschland viele Jahrzehnte die Regel war. Dann aber setzte um die Jahrtausendwende eine Privatisierungswelle im Gesundheitssektor ein. Auch der Landkreis Lüchow-Dannenberg entschied sich, seine Klinik zu privatisieren.

Outsourcing und Unsicherheit

Auch zwei Pflegekräfte der Elbe-Jeetzel-Klinik sind an diesem Mittag zum Interview gekommen. Beide sind schon seit über 30 Jahren dort angestellt. Ihre Namen wollen sie nicht nennen:
„Das Problem war, dass der Landkreis gesagt hat: Wir können das nicht auffangen. Das Krankenhaus ist zu weit in den roten Zahlen. Wenn ihr in diesen Verkauf nicht einwilligt, dann wird das Krankenhaus dichtgemacht. Und am Anfang hat man halt gedacht, so sind die Zeichen der Zeit - was soll man machen?“
Bereiche wie Wäscherei, Küche und Labor wurden outgesourced. Und immer wieder habe es trotzdem geheißen, dass man rote Zahlen schreibe. Nicht nur Geschäftsführer wurden regelmäßig gewechselt. Teilweise sei dem Personal sogar unklar gewesen, wie die Klinik überhaupt heiße. Stellen seien nicht nachbesetzt worden, der Betreuungsschlüssel wurde ausgedünnt. All das habe ihre Arbeit grundsätzlich verändert:
„Wir merken es immer wieder in Notfällen, dass sie die Station oben alleine lassen müssen, um Patienten zu holen. Das geht aber nicht auf einer Intensivstation. Das ist sehr dramatisch. Und das belastet mich persönlich sehr.“

Es geht nicht nur um Geld

Im April dieses Jahres dann die Nachricht: Die Elbe-Jeetzel-Klinik wird wieder verkauft. Die Capiton AG, eine Beteiligungsgesellschaft aus Berlin, ist neue Hauptanteilseignerin.

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Die bisherigen Geschäftsführer bleiben im Amt. Zu den aktuellen Entwicklungen an der Klinik wollten sie sich nicht äußern.
Dabei gab es auch aus Sicht der Angestellten zuletzt Verbesserungen. Es gilt ein Tarifvertrag in Anlehnung an den des Öffentlichen Dienstes, also wie in einem kommunalen Krankenhaus. Doch Geld sei angesichts der Überlastung und Personalknappheit eben nicht alles, sagen die beiden Pflegekräfte. Sie kämpfen für einen Tarifvertrags-Ausgleich, bei dem die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Der einen gewissen Betreuungsschlüssel sichern würde – und damit bessere Bedingungen für die Mitarbeitenden und die Patienten.
Ein Kampf, den die Gewerkschaft führt – unterstützt von der Bürgerinitiative um Birgit Höpfner, die einmal im Monat eine Mahnwache vor dem Klinikum abhält:
„Gerade Pflege und Gesundheit geht nicht profitorientiert. Es kann einfach nicht funktionieren, und das sehen wir auch. Es bricht ja richtig zusammen. Das treibt mich an.“
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