Zwischen Kunstförderung und Prahlerei
Mit dem Museum Júmex in Mexiko-Stadt will der Unternehmer Eugenio López Alonso Bildung und Kunstförderung verwirklichen. Das Museum Soumaya dagegen dient seinem Besitzer Carlos Slim, einem der reichsten Männer der Welt, vor allem als Repräsentationsstätte.
Mit Hermann Nitsch, dem österreichischen Aktionskünstler, wollte das Museum Júmex im März die Mexikaner endlich bekannt machen. Die Werke waren bereits in Mexiko-Stadt angekommen, da wurde die Ausstellung abgesagt. Angeblich hatte es Proteste gegeben: Angesichts der Gewalt im Land seien dessen blutige Spektakel niemandem zuzumuten - hieß es offiziell. Tatsächlich hatte der Hauptfinanzier des Júmex interveniert. Der Schriftsteller und Kunstkritiker Juan Villoro:
"Ganz willkürlich wurde hier im letzten Moment Zensur ausgeübt. Da hat man wiedermal gesehen, wie das Geld nach Laune entscheidet. Der Zensor war jedoch nicht der junge Unternehmer Eugenio López Alonso, der das Museum für seine Kunstsammlung geschaffen hatte, sondern dessen Vater, der Chef des großen Saftkonzerns Júmex, der das Geld erwirtschaftet. Als er zufällig Bilder von Nitschs Werken sah, fand er sie einfach skandalös und sorgte für die sofortige Suspendierung der Ausstellung."
Wochenlang stand eines der ungewöhnlichsten Privatmuseen Mexikos leer. Es ist erst vor eineinhalb Jahren als Teil der Stiftung Júmex für Gegenwartskunst eröffnet worden. Diese existiert seit einem guten Jahrzehnt in einem Flügel der Saftfabrik im Industriegürtel außerhalb der Hauptstadt. Ihre selbstgestellte Aufgabe besteht darin, die Mexikaner, vor allem die Jugendlichen, durch eine Vielzahl von Angeboten mit Kunst vertraut zu machen und außerdem die mexikanische Gegenwartskunst zu fördern.
Museum Júmex: Mehr als eine Kapitalanlage
Bildung und Förderung stehen im Mittelpunkt des Júmex-Programms. Und als ein Werkraum wirkt auch das Museum. Es wurde von David Chipperfield als ein funktionaler Bau entworfen, der kein Selbstzweck ist und auch nicht der Selbstdarstellung seines Eigentümers dient, sondern ausschließlich der Kunst. Auf der Plaza Carso im Stadtteil Polanco nimmt es sich wie ein Fremdkörper aus: ein Block aus sandfarbenem Stein in einem Umfeld gläserner Hochhaus-Fassaden und glitzernder Bürotürme. Vier wuchtige Zacken bilden die Dachkonstruktion, hinter der die Oberlichter verborgen sind. Mit einer Ausstellungsfläche von lediglich 1.500 Quadratmetern gehört es zu den kleineren Häusern der an großen Museen reichen Kunstlandschaft von Mexiko-Stadt.
Anfang der 90er-Jahre begann sich der junge Eugenio López Alonso, für Kunst zu interessieren, zunächst vor allem für die Mexikaner und dann für die Lateinamerikaner seiner Generation, zum Beispiel für Gabriel Orozco oder Abraham Cruzvillegas. Doch inzwischen hat er auch Werke von Olafur Eliasson, Bruce Nauman oder Martin Kippenberger erworben. Die Sammlung ist längst vielmehr als nur eine Kapitalanlage. Der Kunstkritiker Juan Villoro:
"In Mexiko gibt es keinen anderen Privatsammler außer Eugenio López Alonso, der sich der modernsten Kunst verschrieben hat, viele hervorragende Werke besitzt und durch ein Stipendienprogramm junge Künstler unterstützt."
Museum Soumaya: "Eine Zurschaustellung von Geld"
Das Museum Júmex ist in allem das Gegenstück zu dem berühmteren und wesentlich größeren Museum Soumaya, das ihm direkt gegenüberliegt. Es trumpft architektonisch auf. Ein in der Mitte verschlankter Zylinder, der mit einer Schuppenhaut aus gleißenden Aluminiumplatten überzogen wurde: eine Manifestation der Kunst und der Macht seines Besitzers. Carlos Slim, einer der reichsten Männer der Welt, hat sich das Museum von Fernando Romero, einem Schwager, erbauen lassen.
Er wollte damit seiner verstorbenen Frau ein Denkmal setzen und eine Repräsentationsstätte kreieren für seine gigantische Sammlung von Werken quer durch die Kunstgeschichte. Über endlose Rampen führt der Weg empor zu sechs Ausstellungssälen, die für jeden Geschmack und jede Epoche vom 15. bis ins 20. Jahrhundert etwas bieten und am Schluss den Eindruck eines wenig geordneten Sammelsuriums der Kunst hinterlassen, das immer wieder kritisiert wurde. Juan Villoro:
"Das ist eine Zurschaustellung von Geld. Das Gebäude finde ich ziemlich kitschig und auch nicht sehr funktional. Die Ausstellung ist ein konfuser Basar. Carlos Slim hat alles zusammengekauft, was er kriegen konnte, sogar Kopien, die als Originale gezeigt werden."
Vom Museum Soumaya führt ein kleiner Garten mit Skulpturen von Salvador Dalí direkt zu einer der teuersten Shopping-Malls von Mexiko-Stadt: die Kunst als Durchgangsstation zu einem Geldtempel des Imperiums von Carlos Slim.