Bühne frei für eine Premiere aus der Ukraine
05:35 Minuten
Das "K4 Theater für Menschlichkeit" hat vier ukrainische Schauspielerinnen nach der Flucht aufgenommen. Ihr Stück "Das gestohlene Glück" feiert auf der Wuppertaler Bühne Deutschlandpremiere und soll die Ukraine präsentieren.
Unter den ukrainischen Geflüchteten, die vorwiegend Frauen und Kinder sind, gibt es einige Schauspielerinnen. Die Allianz deutscher Produzenten von Film und Fernsehen unterstützt das viersprachige Portal "aktorky-ta-aktory.org", um für sie möglichst schnell Arbeitsmöglichkeiten zu finden.
Einige Netzwerke versuchen, ukrainische Schauspielerinnen in den Theatern unterzubringen. In Wuppertal hat das kleine "K4 Theater für Menschlichkeit" vier Akteurinnen aus der Ukraine aufgenommen. Sie haben das Stück „Das gestohlene Glück“ mitgebracht, das am 13. April seine Deutschlandpremiere erlebt.
Ein Stück über Frauen und Emanzipation
Die vier Schauspielerinnen vom Splash Theater in Kiew sind zwischen 20 und 37 Jahren alt. Sie wohnen nun in der Wohnung über dem Theater, das von einer Familie geleitet wird.
Wenn die Ukrainerinnen von ihren letzten Aufführungen in der Heimat erzählen, geht es vor allem um den Krieg. "Es war - das ist schrecklich, es so zu sagen - eine normale Situation", sagt Svetlana. Im Osten der Ukraine wurde seit acht Jahren bereits gekämpft. Ein Stück, in dem sie mitspielte, habe von einer Klinik gehandelt, in der Soldaten mit Kriegstraumata behandelt werden.
In Wuppertal spielen die vier allerdings in einer Aufführung, die sich um die Emanzipation der Frauen dreht. In historischen Kostümen, aber mit dem Blick auf die Gegenwart. Ein Stück, das auch ohne ukrainische Sprachkenntnisse verständlich ist, weil es zu einem Festival in die USA geschickt werden sollte.
Der Regisseur Gio Pachkona stammt aus Lugansk im Osten der Ukraine und ist in Kiew geblieben. Er sagt, dass Menschen, die den Krieg mit eigenen Augen gesehen haben, darüber nicht auf dramatische Weise erzählen. Sie tun es schweigend, sehr einfach oder mit einem Lachen.
Schwankende Gefühlslage
Auch die vier Schauspielerinnen lachen oft. Sie trinken Kaffee und frühstücken im Foyer des Theaters. Draußen scheint die Sonne, es wird wärmer. In Kiew ist das nicht anders.
Einer von Svetlanas besten Freunden ist vor einigen Tagen nach Kiew zurückgekommen. Er erzählt, dass die Stadt wieder ins Leben zurückfindet. Es ist Frühling, einige Geschäfte und Cafés öffnen wieder. Aber es gibt immer wieder Alarm, die Gefahr erneuter Angriffe ist nicht verschwunden.
Ihr Theater in Kiew ist wohl bisher unbeschädigt geblieben. Es hat eine kleine Studiobühne, der eine Schauspielschule angeschlossen ist. Bis Ende April werden die vier Frauen nun in Wuppertal wohnen und arbeiten, insgesamt acht Vorstellungen spielen. Wie lange sie darüber hinaus in Deutschland bleiben werden, ist ungewiss. Ihre Gefühlslage ist schwankend.
"Einerseits machen wir zu", sagt Svetlana. Sie müssen es einfach durchziehen, ohne sentimental zu werden. Andererseits finden die Schauspielerinnen, dass sie in Wuppertal eine großartige Gelegenheit gefunden haben, um die ukrainische Kultur zu präsentieren und sehr coole Leute zu treffen. Die Frauen fühlen sich überwältigt, sie sind dankbar.
Gegen die Hilfslosigkeit
Die Wuppertaler Theaterleute schaffen eine herzliche Atmosphäre. Sie haben die vier Ukrainerinnen morgens um sechs Uhr am Bahnhof abgeholt. Mona und Kris Köhler erzählen von zahlreichen Telefonaten und Videocalls mit Menschen, die sich vorher untereinander gar nicht kannten.
„Was jeder bei uns gerade empfindet, ist diese Hilflosigkeit", sagt Kris Köhler. "Wenn wir von solchen Problemen in diesen Dimensionen hören, versuchen wir immer zu überlegen, was können wir tun." Aber selbst wenn man einer Organisation Geld spende, helfe das nicht gegen dieses Gefühl der Hilfslosigkeit.
Kris Köhler will eine Partnerschaft mit dem Splash Theater in Kiew beginnen. Vielleicht reist er auch mal mit seinem kleinen Theater in die Ukraine, wenn das wieder möglich ist. Ein bisschen Hoffnung vermitteln.
Die Bühne als Schlachtfeld
Die vier Schauspielerinnen wissen noch nicht, was die Zukunft bringt. "Meine Familie ist im Süden der Ukraine", sagt Alina. Dort sei es nicht sicher. Aber der Regisseur Pachkona habe gesagt, ihr Schlachtfeld sei die Bühne, die Worte, die Stücke und die Kultur.
Alina spürt eine Kraft in sich, weil sie ihr Volk, ihr Land und ihre Nation repräsentiert. Wenn die Schauspielerin das sagt, steckt keine Aggression in ihren Worten. Irina ergänzt, auch die Russen täten ihr leid. Viele Menschen in der Ukraine sprechen Russisch, die Kulturen sind sich sehr nah oder waren es einmal.