Frauen verschwinden aus der Branche
Frauen sind in Deutschland vor und vor allem hinter der Kamera dramatisch unterrepräsentiert. Das vergifte das Miteinander und fördere Machtmissbrauch, sagen die Unterstützerinnen von "Pro Quote Film". Und: Nur etwa die Hälfte der Filmhochschulabsolventinnen bekomme einen Job in der Filmbranche.
Jasmin Tabatabai:
"Es schwelt. Es grollt im Untergrund und ich glaube, dass das alle fühlen, dass es jetzt an der Zeit ist bestimmte Dinge neu zu verhandeln. Wir haben keine Lust mehr auf die systematische Benachteiligung von Frauen in der Filmbranche, in allen Branchen, aber wir sprechen jetzt von unserer Branche und wir wollen, dass sich was ändert."
"Es schwelt. Es grollt im Untergrund und ich glaube, dass das alle fühlen, dass es jetzt an der Zeit ist bestimmte Dinge neu zu verhandeln. Wir haben keine Lust mehr auf die systematische Benachteiligung von Frauen in der Filmbranche, in allen Branchen, aber wir sprechen jetzt von unserer Branche und wir wollen, dass sich was ändert."
Sagt die Schauspielerin Jasmin Tabatabai am Rande der Pressekonferenz der Initiative "Pro Quote Film". Schon vor drei Jahren, wurde "Pro Quote Regie" gegründet, die Umbenennung in "Pro Quote Film" jetzt sei eine Erweiterung auf alle Gewerke in der Filmbranche, der Handlungsbedarf enorm:
"Wir brauchen die Quote, weil es hier beim deutschen Film, alle deutschen Filme werden mit öffentlichen Geldern gefördert und wo es öffentliche Gelder gibt, die verteilt werden, muss es gerecht zugehen und das tut es nicht. Die Zahlen, die wir heute gehört haben, belegen das eindeutig."
"Ältere weiße Männer, die Dieter Wedel für ein Genie hielten"
Es sind Zahlen, die nicht neu sind, die aber immer noch erschrecken. In den kreativen Schlüsselpositionen in der Filmbranche herrscht ein massives Ungleichgewicht. Während Frauen immer noch als Risikofaktor gelten, haben Männer vor allem eins: Potential.
Im Bereich Ton arbeiten 91 Prozent Männer, fünf Prozent gemischte Teams und nur vier Prozent Frauen, bei der Kamera sind es 85 Prozent gegen 10, bei Regie 74 Prozent gegen 21. Nur die Hälfte aller Frauen, die an Filmhochschulen ausgebildet werden, arbeiten tatsächlich in ihrem Beruf. Die andere Hälfte wechselt die Branche. Die Drehbuchautorin Doreen Schön bringt es auf den Punkt:
"Es ist schwer zu beweisen ob man als Frau gut oder besser wäre, wenn man nicht die Chance bekommt es zu zeigen. Und mächtige Menschen -damals waren es ausschließlich ältere weiße Männer, die jemanden wie Dieter Wedel für ein Genie hielten - fördern am liebsten natürlich Stoffe, die ihre persönliches Erfolgsnarrativ stützen.
Was ist das Ergebnis dieses selbstreferentiellen Systems? In meinem Gewerk werden seit Jahren annährend 50 Prozent Frauen ausgebildet, aber in der beruflichen Wirklichkeit wird ihre Zahl auf 23 Prozent mehr als halbiert. Was soll ich jungen Autorinnen an den Hochschulen sagen? Studiert, hängt euch rein, aber wundert euch nicht, wenn die Hälfte von euch anschließend spurlos verschwindet."
Fatale Folgen für filmische Inhalte
Es sei nicht nur unfair und diskriminierend gegenüber den Autorinnen, sondern habe auch fatale Konsequenzen für die filmischen Inhalte. Denn die Genderverteilung bei Film- und Fernsehproduktionen ist erschütternd: Frauen über 35 verschwinden langsam aber sicher von den Leinwänden, die Darstellung der Geschlechter ist meist stereotyp verzerrt.
Die Initiative Pro Quote Film fordert daher unter anderem eine 50- Prozent-Quote mit ausgewogenen Verhältnissen, Parität in Gremien, Gendermonitoring, gerechte und gleiche Bezahlung, Genderkompetenz und Innovation gegen Stereotype, eine Aufarbeitung des Filmerbes mit Aufnahme von Frauen in den Kanon und Diversität als Erfolgsfaktor. Ein Mammutprojekt, das weiß auch die Produzentin Kerstin Ramcke.
"Es ist eine schwere Aufgabe, das ist gar keine Frage, aber ich finde es ermutigend, dass die Initiative Pro Quote Regie in den drei Jahren schon sehr viel erreicht hat, eigentlich erstaunlich viel, wenn man überlegt wo wir angefangen haben. Wir müssen jetzt mit aller Macht in die Politik, in die Verbände, an die Sender, an die Leute ran, wir sind ein Menschengeschäft, das ist ganz klar. Es gibt auch viele Frauen, die anderer Meinung sind, das muss man auch sagen, die muss man überzeugen, hoffentlich. Das ist ein langer Weg. Ich glaube nicht, dass wir das in ein paar Jahren schaffen. Aber wenn man sich so eine 10-Jahres-Strecke nimmt, sollte man es hinkriegen."
Bei den deutschen Filmfrauen, das ist bei der Vorstellung der neuen Agenda zu spüren, herrscht Aufbruchsstimmung.