Warum Erfurt nicht Weimar ist
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Höcke und Kemmerich = Hitler und Hindenburg? Die Historikerin Eva Schlotheuber warnt vor solchen derzeit populären "Nazivergleichen". Denn diese verschleierten eher die Gefahren von rechts, als dass sie aufklärten.
Der historische Handschlag zwischen Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg beim Tag von Potsdam 1933 war in den letzten Tage häufig zu sehen - bevorzugt in einer Kombination mit dem Foto, auf dem der thüringische Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) und AfD-Fraktionschef Björn Höcke sich die Hände schütteln.
Eva Schlotheuber, Vorsitzende des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, hält nichts von diesem Vergleich. Obwohl er in gewisser Hinsicht natürlich naheliege, räumt sie ein. Etwa wenn man bedenkt, dass der NSdAP-Politiker und spätere Innenminister unter Hitler, Wilhelm Frick, bereits 1930 Landesminister wurde - und zwar in Thüringen.
Dennoch: Die Demokratie habe sich seitdem stark gewandelt, so Schlotheuber. Der "Nazivergleich" suggeriere aber, dass sich nichts verändert habe, kritisiert sie. Insofern verschleiere er mehr, als dass er helfe.
Entlarven statt dämonisieren
Hinzu kommt der Historikerin zufolge, "dass der Geschichtsunterricht nicht mehr so präzise und gut ist, dass die Leute wirklich oder sofort einordnen können, was mit solchen Vergleichen gemeint ist". Insofern zielten diese vor allem darauf ab, Angst zu erzeugen. Und Angst sei "kein besonders guter Ratgeber".
Schlotheuber plädiert stattdessen dafür, die politische Rechte und ihre neueren Ausformungen genau in den Blick zu nehmen:
"Der entscheidende Punkt ist, dass Strategien entwickelt worden sind, wie man destabilisieren kann, die Demokratien, die sehr erfolgreich in den letzten Jahrzehnten die Gesellschaft geformt haben. Diese Strategien sollten wir besser entlarven, als ihnen auf den Leim zu gehen."
(uko)