Elisabeth Niejahr ist seit 2019 Co-Geschäftsführerin der gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Zuvor war sie Chefreporterin der "Wirtschaftswoche" und Hauptstadtkorrespondentin der Wochenzeitung "Die Zeit". Niejahr studierte Volkswirtschaft in Köln und Washington und wurde an der Kölner Schule für Wirtschaftsjournalisten ausgebildet. Sie schreibt vor allem über Demografie, Arbeit, Gender und Fragen der politischen Kultur.
Wie man Jugendliche für Politik begeistert
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Jugendliche sollen in der Kommunalpolitik mitentscheiden, dafür sollen Politiker ihre Macht abgeben. Das ist das Konzept eines Projekts der Hertie-Stiftung. Elisabeth Niejahr findet, dass die Schulen vermitteln sollten, wie man sich engagieren kann.
Der Befund ist ernüchternd: Politische Parteien erreichen kaum Jugendliche. Zwar gebe es bereits Formen der Jugendbeteiligung, sagt Elisabeth Niejahr, Co-Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung, doch krankten sie daran, dass die Ideen und Entscheidungen nicht umgesetzt würden.
"Jugend entscheidet", ein Projekt der Hertie Stiftung, soll das ändern: Politiker sollen Entscheidungen an Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren abgeben. Zumindest auf Kommunalebene. So sollen die jungen Menschen lernen, wie Demokratie und Kommunalpolitik funktionieren und wie sie sich selbst einbringen können, um etwas zu verändern. Für das Projekt bewerben können sich im Herbst Kommunen mit bis zu 100.000 Einwohnern.
Dazu sollen Politiker, so Niejahr, zu Beginn vereinbaren, ihre Macht abzutreten. "Bei uns darf nur mitmachen, wer wirklich bereit ist, sehenden Auges Entscheidungen zu delegieren. Abstimmen müssen trotzdem am Ende die Kommunalpolitiker."
Weniger Ohnmachts- und Frustgefühle
Ihrer Erfahrung zufolge haben viele, die in der Politik bleiben, als Teenager Selbstwirksamkeit erfahren, dass sie also etwas bewegen können. "Das sind oft die Anfänge und da wollen wir helfen", so Niejahr. Dabei wolle sich die Hertie-Stiftung auch dafür einsetzen, dass auch Jugendliche beteiligt werden, die sonst wenig Erfahrung mit Politik haben.
Oft beschäftigten sich junge Menschen mit den globalen Menschheitsfragen wie Frieden und Hunger, so Niejahr. "Aber ich glaube, man hätte weniger Ohnmachts- und Frustgefühle, wenn Jugendliche wüssten, wie sie vor Ort konkret etwas ändern können." Andere Bildungssysteme, wie etwa das der USA, vermittelten viel praktischer und selbstverständlicher, wie man sich engagieren könne. "Das sollte Teil der Lehrpläne sein, um positive Demokratie-Erfahrungen zu vermitteln. Und da wollen wir Modelle schaffen, die vielleicht irgendwann von Kultusministern übernommen werden."
(leg)