Propagandavideos und Computersimulationen

Wer im Internet nach den Begriffen Mauer und Geschichte sucht, erhält mehr als zwei Millionen Einträge. Staatliche Institutionen und Bürgervereine sind als Seitenbetreiber ebenso vertreten wie einzelne Personen. Zu letzteren gehört Hinrich Olsen. Seine Seite heißt www.mauerfall-berlin.de.
"Nicht ohne stolz zeigen wir allen Gästen unser blühendes Land, das Reiseland DDR. International anerkannt, als Handelspartner gesucht und geachtet."
So wollte die DDR gesehen werden. Dieses Propaganda-Video der DDR-Grenzschutztruppen wurde vom Progress-Filmverleih vertrieben, landete nach dem Mauerfall auf Youtube und ist nun zu bewundern bei Mauerfall-Berlin.de, einer privaten Ein-Mann-Website, die dennoch eine reiche Fundgrube zum Mauerfall ist.
"Hier am antifaschistischen Schutzwall, wo die Macht der ewig Gestrigen ein für alle Mal zu Ende ist, erfüllen wir unsere Grenzerpflicht – zum Schutze unseres Gestern, Heute und Morgen, zum Schutze auch derer, für die die Welt von morgen bauen."
Hinrich Olsen ist Bildungsreferent im Kirchenkreis Moers, bei Duisburg.
"Die Website war mir wichtig, weil ich persönlich sehr berührt bin durch das Thema, aber diese Ostalgie, diese DDR-Nostalgie überhaupt nicht abkann, also dieser Versuch, die DDR rein zu waschen von allem Unrecht."
Der 51-Jährige ist im Westen aufgewachsen und auch hier in Konflikt geraten mit dem Staat: Olsen protestierte in Mutlangen gegen die Stationierung der Pershing-II-Raketen, saß im Gefängnis, bekam Kontakt zur Friedensbewegung in der DDR – und riskiert auch im Ostblock eine Menge.
"Als fünf Westler haben Transparente und Flugblätter rüber geschmuggelt nach Ostberlin und haben da 1985, vier Jahre vor der friedlichen Revolution, auf dem Alexanderplatz demonstriert, haben wir uns für eine Frau und einen Mann, die beide in DDR-Gefängnissen saßen, eingesetzt und sind dann nach vier Stunden in den Westen abgeschoben worden."
An das Unrecht in der DDR zu erinnern, die Schicksale mutiger Menschen im Bewusstsein zu halten - das ist Ziel von Mauerfall-Berlin.de. Hinrich Olsen hat viel aus dem Netz gefischt: Youtube-Videos, Tonaufnahmen, Fotos, Texte, zu den Themen Mauer, DDR, Mauerfall, Einheit.
"Was hinter dieser ersten Mauer liegt, darf kein normaler DDR-Bürger betreten."
Hinrich Olsen verlinkt etwa auf eine eindrucksvolle Computer-Simulation der Deutschen Welle, die detailliert zeigt, wie die Mauer, der Todesstreifen funktioniert hat. Er hat aus der Video-Halde Youtube-Fernsehbeiträge gefischt, in der ehemalige DDR-Grenzer tiefe Einblicke gewähren:
"Der eigentliche Schießbefehl wurde täglich mündlich ausgegeben: die sogenannte Vergatterung, in der den Soldaten gesagt wurde, dass Grenzverletzer aufzuspüren, fest zu nehmen oder zu vernichten sind."
Wichtig sind dem Link-Sammler persönliche Schicksale, etwa das von Chris Gueffroy, der vorletzte Mauertote, erschossen beim Versuch, mit einem Freund über den Todesstreifen zu laufen. Mutter Karin Gueffroy in einem Fernsehbeitrag:
"Jetzt, wo die Grenze offen ist und wir uns diesen Grenzstreifen ansehen können, hatte ich schon mit meinen Vermutungen recht, dass man die beiden Jungs hätte mit Händen fangen können. Der Grenzstreifen ist so schmal, zwölf Grenzer waren da, sie hatten keine Chance, es hätte niemand schießen brauchen. Und das war ein ganz gezielter Schuss. Denn es ist ja ein ganzes Magazin raus geknallt worden, wir haben ja nachts die Schüsse gehört. Und Chris hat ja ein – ein Herzmuskelriss, also ist er gezielt erschossen worden."
Und die heute atemberaubende Reaktion des Sprechers der Grenztruppen:
"Könnten Sie die Namen der Mauerschützen noch feststellen?"
"Wissen Sie, jeder Staat stellt sich vor seine Diener."
Natürlich fehlen nicht die historischen Momente. Günter Schabowskis historische Pressekonferenz:
"Also Privat-Reisen nach Ausland können ohne Voraussetzungen, Reiseanlässe..."
… und ihre Folgen: Die Mauer am Potsdamer Platz wird demontiert.
Die Website Mauerfall-Berlin.de ist technisch nicht auf dem neusten Stand. Sie lässt sich nicht systematisch durchsuchen, nur durchstöbern. Doch das lohnt sich. Website-Betreiber Olsen hat viele Dokumente zum Mauerfall aus dem Netz gefischt. Links, Videos, Zeitungsartikel, persönliche Briefe, alles Hand verlesen - zwei bis drei Stunden jeden Tag durchkämmt er das Netz nach Verwertbarem.
"Das ist viel Arbeit, aber es motivieren mich einfach diese viele, vielen persönlichen Schicksale, die in der DDR gelebt haben und dann doch quer gedacht haben und manchmal nur eine kritische Frage gestellt haben und dafür entweder von der Schule geflogen sind, aus dem Studium geworfen wurden, gelitten haben viele Jahre in der Stasi-Haft. Das motiviert mich einfach unwahrscheinlich, ich bin Christ, das ist einfach das, was ich im Moment tun muss."
Rund 20.000 Menschen kommen pro Monat vorbei. Hinrich Olsen ist 51 und hat mit digitaler Internet-Technik nicht viel am Hut, aber moderne Blog-Systeme ermöglichten es auch Laien, ein großes Publikum zu erreichen, sagt er. Er will jedenfalls auch nach den Jahrestagen zum Mauerfall und der Wiedervereinigung im kommenden Jahr weiter sammeln und erinnern:
"Die bleibt solange bestehen, wie ich noch in der Lage bin, eine Website zu betreiben. Die soll möglichst vielen jungen Menschen zeigen, was die DDR war, einen Eindruck davon geben, dass wir eine Diktatur in Deutschland hatten, aber auch mit welchem beharrlichen Engagement, besonders in den Kirchen, Menschen es geschafft haben, eine Diktatur gewaltfrei zu überwinden."
So wollte die DDR gesehen werden. Dieses Propaganda-Video der DDR-Grenzschutztruppen wurde vom Progress-Filmverleih vertrieben, landete nach dem Mauerfall auf Youtube und ist nun zu bewundern bei Mauerfall-Berlin.de, einer privaten Ein-Mann-Website, die dennoch eine reiche Fundgrube zum Mauerfall ist.
"Hier am antifaschistischen Schutzwall, wo die Macht der ewig Gestrigen ein für alle Mal zu Ende ist, erfüllen wir unsere Grenzerpflicht – zum Schutze unseres Gestern, Heute und Morgen, zum Schutze auch derer, für die die Welt von morgen bauen."
Hinrich Olsen ist Bildungsreferent im Kirchenkreis Moers, bei Duisburg.
"Die Website war mir wichtig, weil ich persönlich sehr berührt bin durch das Thema, aber diese Ostalgie, diese DDR-Nostalgie überhaupt nicht abkann, also dieser Versuch, die DDR rein zu waschen von allem Unrecht."
Der 51-Jährige ist im Westen aufgewachsen und auch hier in Konflikt geraten mit dem Staat: Olsen protestierte in Mutlangen gegen die Stationierung der Pershing-II-Raketen, saß im Gefängnis, bekam Kontakt zur Friedensbewegung in der DDR – und riskiert auch im Ostblock eine Menge.
"Als fünf Westler haben Transparente und Flugblätter rüber geschmuggelt nach Ostberlin und haben da 1985, vier Jahre vor der friedlichen Revolution, auf dem Alexanderplatz demonstriert, haben wir uns für eine Frau und einen Mann, die beide in DDR-Gefängnissen saßen, eingesetzt und sind dann nach vier Stunden in den Westen abgeschoben worden."
An das Unrecht in der DDR zu erinnern, die Schicksale mutiger Menschen im Bewusstsein zu halten - das ist Ziel von Mauerfall-Berlin.de. Hinrich Olsen hat viel aus dem Netz gefischt: Youtube-Videos, Tonaufnahmen, Fotos, Texte, zu den Themen Mauer, DDR, Mauerfall, Einheit.
"Was hinter dieser ersten Mauer liegt, darf kein normaler DDR-Bürger betreten."
Hinrich Olsen verlinkt etwa auf eine eindrucksvolle Computer-Simulation der Deutschen Welle, die detailliert zeigt, wie die Mauer, der Todesstreifen funktioniert hat. Er hat aus der Video-Halde Youtube-Fernsehbeiträge gefischt, in der ehemalige DDR-Grenzer tiefe Einblicke gewähren:
"Der eigentliche Schießbefehl wurde täglich mündlich ausgegeben: die sogenannte Vergatterung, in der den Soldaten gesagt wurde, dass Grenzverletzer aufzuspüren, fest zu nehmen oder zu vernichten sind."
Wichtig sind dem Link-Sammler persönliche Schicksale, etwa das von Chris Gueffroy, der vorletzte Mauertote, erschossen beim Versuch, mit einem Freund über den Todesstreifen zu laufen. Mutter Karin Gueffroy in einem Fernsehbeitrag:
"Jetzt, wo die Grenze offen ist und wir uns diesen Grenzstreifen ansehen können, hatte ich schon mit meinen Vermutungen recht, dass man die beiden Jungs hätte mit Händen fangen können. Der Grenzstreifen ist so schmal, zwölf Grenzer waren da, sie hatten keine Chance, es hätte niemand schießen brauchen. Und das war ein ganz gezielter Schuss. Denn es ist ja ein ganzes Magazin raus geknallt worden, wir haben ja nachts die Schüsse gehört. Und Chris hat ja ein – ein Herzmuskelriss, also ist er gezielt erschossen worden."
Und die heute atemberaubende Reaktion des Sprechers der Grenztruppen:
"Könnten Sie die Namen der Mauerschützen noch feststellen?"
"Wissen Sie, jeder Staat stellt sich vor seine Diener."
Natürlich fehlen nicht die historischen Momente. Günter Schabowskis historische Pressekonferenz:
"Also Privat-Reisen nach Ausland können ohne Voraussetzungen, Reiseanlässe..."
… und ihre Folgen: Die Mauer am Potsdamer Platz wird demontiert.
Die Website Mauerfall-Berlin.de ist technisch nicht auf dem neusten Stand. Sie lässt sich nicht systematisch durchsuchen, nur durchstöbern. Doch das lohnt sich. Website-Betreiber Olsen hat viele Dokumente zum Mauerfall aus dem Netz gefischt. Links, Videos, Zeitungsartikel, persönliche Briefe, alles Hand verlesen - zwei bis drei Stunden jeden Tag durchkämmt er das Netz nach Verwertbarem.
"Das ist viel Arbeit, aber es motivieren mich einfach diese viele, vielen persönlichen Schicksale, die in der DDR gelebt haben und dann doch quer gedacht haben und manchmal nur eine kritische Frage gestellt haben und dafür entweder von der Schule geflogen sind, aus dem Studium geworfen wurden, gelitten haben viele Jahre in der Stasi-Haft. Das motiviert mich einfach unwahrscheinlich, ich bin Christ, das ist einfach das, was ich im Moment tun muss."
Rund 20.000 Menschen kommen pro Monat vorbei. Hinrich Olsen ist 51 und hat mit digitaler Internet-Technik nicht viel am Hut, aber moderne Blog-Systeme ermöglichten es auch Laien, ein großes Publikum zu erreichen, sagt er. Er will jedenfalls auch nach den Jahrestagen zum Mauerfall und der Wiedervereinigung im kommenden Jahr weiter sammeln und erinnern:
"Die bleibt solange bestehen, wie ich noch in der Lage bin, eine Website zu betreiben. Die soll möglichst vielen jungen Menschen zeigen, was die DDR war, einen Eindruck davon geben, dass wir eine Diktatur in Deutschland hatten, aber auch mit welchem beharrlichen Engagement, besonders in den Kirchen, Menschen es geschafft haben, eine Diktatur gewaltfrei zu überwinden."