Punk-Sammlung soll auf den Scheiterhaufen
Kreditkarten mit Sex-Pistols-Motiv, Punk-Hosen von Louis Vuitton: Aus Ärger über diese Kommerzialisierung will Joe Corré, Sohn der Punk-Ikonen Vivienne Westwoods und Malcolm McLaren, seine Sammlung von Objekten aus der Punk-Ära verbrennen. Irrsinn oder ultimative Punk-Geste?
40 Jahre Anarchy in the UK, das sei eine völlige Farce, sagt Joe Corré. Eines der großen Probleme, die er mit der musealen offiziellen Aufbereitung des Punk zu seinem 40. Jubiläum hat, ist die Säuberung seiner Geschichte. Unter den zur Verbrennung bestimmten Originalen aus dem Geschäft seiner Eltern Vivienne Westwood und Malcolm McLaren gibt es jede Menge heikle Stücke. Grafiken etwa, in denen pädophile Motive, Hakenkreuze und andere Nazi-Symbole vorkommen, die in den gängigen Rückblicken auf Punk gern ausgeblendet werden.
Aber hat Joe Corré nicht Bedenken, dass er mit der Verbrennung dieser Gegenstände in Wahrheit die Arbeit der Zensoren und Verniedlicher erledigt und die historisch wahrhaftige, schmutzige Version des Punk vernichtet?
"Die Werte des Punk wurden gestohlen"
"Ich glaube, man wird auf diese Art mehr davon zu sehen bekommen als sonst, weil wir das alles im Detail filmen", sagt Corré. "Es wird also ein historisches Dokument, aber samt Kontext, und dadurch viel bedeutungsvoller als in einem Museum. Es wird schon genug Geschichte erzählt, aber man muss sich fragen, was für eine Relevanz das heute noch hat. Wenn die Konzerne eine gesäuberte Version des Punk für sich vereinnahmen, dann ist das die Gelegenheit, darüber zu reden, wie es wirklich war und zu sagen: Glaubt nicht mehr an Punk, seine Werte wurden gestohlen."
"Ich bin immer noch ein Punk, tut mir leid"
Corrés Mutter Vivienne Westwood wird am Samstag ein Statement zur Aktion ihres Sohnes veröffentlichen. Sein Halbbruder Ben hat ihm einstweilen schon seine volle Unterstützung zugesagt. Was Joe tue, schrieb Ben Westwood auf seinem Blog, sei die ultimative Punk-Geste. Dabei dachten wir doch Joe Corré wollte ausdrücken, wie sehr sich Punk überholt hat. Ein innerer Widerspruch?
Corré: "Also jetzt verlieren wir uns aber in der Semantik. Ich kann mir nicht helfen, ich bin ein Punk. Ich wurde so großgezogen. Meine Meinung gegenüber dem Establishment hat sich nicht geändert, aber meine Meinung dazu, was aus Punk-Rock geworden ist, sehr wohl. Doch der Grundglauben daran, wofür er früher einmal stehen sollte, ist noch immer in mir. Ich bin immer noch ein Punk, tut mir leid."
Erste Objekte gingen schon in Flammen auf
Die Menge an Punk-Kleidung und anderen historischen Objekten, die Joe Corré vernichten will, ist so gewaltig, dass er vor dem großen Abfeuern am Samstag in London bereits mit kleineren Verbrennungen begonnen hat. Der Akt, sagt er, habe sich kathartisch angefühlt. Nun weiß man, dass Corré zu seinem Vater, dem 2010 verstorbenen Sex-Pistols-Manager Malcolm McLaren ein äußerst schwieriges Verhältnis unterhielt. Ist das, was er da veranstaltet, im Grunde also nicht vor allem Teil einer persönlichen Therapie? Einer Befreiung von der Vaterfigur?
"Nicht wirklich", sagt Corré. "Die Leute stürzen sich da drauf, weil ich mich nie gescheut habe, meine Beziehung zu meinem Vater in der Presse zu diskutieren. Aber diese Aktion hat nichts mit meinem Vater zu tun, ich habe diese Dinge gesammelt, weil sie mir selbst etwas bedeuteten. Und ich glaube, er wäre ziemlich stolz darauf, was ich tue."